Unterrichtsfach: Grundzüge und Prinzipien der Akut- und Langzeitpflege inklusive Pflegetechnik (GKPF)
Blutgerinnsel können schwerwiegende Folgen haben – von einer tiefen Venenthrombose bis hin zu einer potenziell lebensbedrohlichen Lungenembolie. Doch mit den richtigen Maßnahmen lassen sich solche Risiken gezielt minimieren. Ob durch Basismaßnahmen, physikalische Maßnahmen oder medikamentöse Therapien – eine effektive Thromboembolieprophylaxe kann Leben retten. Welche Maßnahmen zu den Kompetenzen der Pflegeassistenz gehören, erfährst du hier.
12.03.2025
INHALT
1. Die Thrombose
2. Die Tiefe Beinvenenthrombose (TVT)
3. Thrombophlebitis
4. Postthrombotisches Syndrom und Chronisch venöse Insuffizienz
4.1. Ulcus Cruris
5. Thrombose: Ursachen und Risikofaktoren
6. Symptome einer Thrombose
7. Thromboseprophylaxe
7.1. Die 3 Säulen der Thromboseprophylaxe
8. Venenpflege
Das muss die Pflegeassistenz über Thromboembolieprophylaxe wissen:
➤ Den Begriff Thrombose definieren und das individuelle Thromboserisiko einschätzen können.
➤ Die Tiefe Beinvenenthrombose (TVT) erkennen und deren Folgen einschätzen können.
➤ Das Postthrombotische Syndrom und die Chronisch-venöse Insuffizienz als Folge einer unbehandelten TVT verstehen.
➤ Die Ursachen und Risikofaktoren für eine Thrombose verstehen.
➤ Maßnahmen zur Thromboseprophylaxe anwenden können.
1. Thrombose
🪢 🧩💡Erinnerungsknoten: „Was ist eine Thrombose?„💡🧩 🪢
Das Thromboserisiko wird in hoch/mittel/niedrig eingschätzt.
2. Tiefe Beinvenenthrombose (TVT)
🪢 🧩💡Erinnerungsknoten: „Wie wird eine Tiefe Venenthrombose (TVT) noch genannt?„💡🧩 🪢
3. Thrombophlebitis
Definition:
Eine Thrombophlebitis ist eine Entzündung einer oberflächlichen Vene, die mit der Bildung eines Blutgerinnsels (Thrombus) einhergeht. Häufig bei langer Liegezeit einer peripheren Verweilkanüle, z.B. auf dem Handrücken.
🪢 🧩💡Erinnerungsknoten: „Was sind die 5 Entzündungzeichen?„💡🧩 🪢
4. Postthrombotisches Syndrom und Chronisch venöse Insuffizienz
Wenn eine TVT nicht rechtzeitig erkannt wird, zeigen sich chronische Stauungserscheinungen. Das gesamte Krankheitsbild des Postthrombotischen Syndroms wird unter dem Begriff Chronisch-venöse Insuffizienz (CVI) zusammengefasst.
4.1 Ulcus cruris
Ein Ulcus cruris ist die Folge einer langjährigen venösen Insuffizienz. Es handelt sich um ein chronisches, schlecht heilendes Geschwür am Unterschenkel, das durch eine unzureichende Durchblutung des Gewebes entsteht.
Ein Ulcus cruris wird in zwei Hauptformen unterteilt:
Ulcus cruris venosum: Dies ist die häufigste Form und entsteht durch eine chronisch-venöse Insuffizienz (CVI). Der gestörte venöse Rückfluss führt zu einem erhöhten Druck in den Venen, wodurch das Gewebe schlecht mit Sauerstoff versorgt wird. Dadurch entstehen schlecht heilende Wunden, meist im Bereich des Innenknöchels.
Ulcus cruris arteriosum: Diese Form entsteht durch eine arterielle Durchblutungsstörung, häufig aufgrund von Arteriosklerose. Die Minderversorgung des Gewebes mit Sauerstoff führt zu Nekrosen und schmerzhaften Geschwüren, die oft an den Zehen oder dem äußeren Unterschenkel auftreten.
Ulcus cruris Symptome
- Chronische, tiefe, schlecht heilende Wunden mit oft nässendem Belag
- Häufig umgebende Hautveränderungen wie Verhärtungen oder Pigmentierungen
- Schmerzen, insbesondere bei der arteriellen Form
- Schwellungen bei venöser Ursache
Die Wundbehandlung eines Ulcus cruris ist nur mit einer entsprechenden Kompressionstherapie effektiv und erfolgreich.
5. Thrombose: Ursachen und Risikofaktoren
📸 Bild: Virchow Trias, die-zwei-in-reflexstreifen.blog 📸
Ein gesunder Mensch nutzt seine Muskel-Venen-Pumpe. Die Wadenmuskulatur wird durch Aktivitäten wie Gehen, Treppensteigen oder Radfahren aktiviert, wodurch sie sich zusammenzieht und so den Bewegungsablauf unterstützt. Bei jeder aktiven Bewegung drückt der Muskel gegen die Venenwand, wodurch das Gefäß verengt wird. Das beschleunigt den Blutfluss und verbessert den venöse Rückstrom.
🪢 🧩💡Erinnerungsknoten: „Die Ursachen einer Thrombose„💡🧩 🪢
6. Symptome einer Thrombose
🪢 🧩💡Erinnerungsknoten: „Die Symptome einer TVT„💡🧩 🪢
7. Thromboseprophylaxe
Ziel:
Verhinderung einer TVT und einer möglichen Lungenembolie durch Verbesserung des venösen Blutrückflusses.
Die Prophylaxe wird interdisziplinär durchgeführt:
• venösen Rückfluss steigern
• Schäden an den Venenwänden vermeiden
• Blutgerinnungsneigung senken
7.1. Die 3 Säulen der Thromboseprophylaxe
• Basismaßnahmen
• Physikalische Maßnahmen
• Medikamentöse Maßnahmen
Bei Patienten mit einem niedrigen Thromboserisiko reichen die Basismaßnahmen. In manchen Fällen werden diese durch das Tragen medizinischer Thromboseprophylaxestrümpfe (MTPS) ergänzt (z.B. nach einer OP). Personen mit einem mittleren oder hohen Risiko benötigen zusätzlich blutverdünnende Medikamente (Antikoagulanzien), um die Gerinnungsfähigkeit des Blutes zu reduzieren.
7.1.1. Basismaßnahmen
• Mobilisation / Bewegung
• Flüssigkeitszufuhr (Achtung bei Kontraindikationen wie z. B. Nieren- oder Herzinsuffizienz Rücksprache mit dem Arzt!)
Mobilisation
Die frühzeitige Mobilisation ist ein wesentlicher Bestandteil der Thromboseprophylaxe. Die Pflegeassistenz informiert den Patienten über die Bedeutung der Bewegung und unterstützt ihn dabei, so früh wie möglich aufzustehen. Falls das nicht möglich ist, sollte zumindest eine Bewegung der Beine oder eine Mobilisation im Bett erfolgen. Die Aktivierung der Muskel-Venen-Pumpe durch Bewegung fördert den venösen Rückfluss und verbessert die Durchblutung. Dies kann durch zusätzlich unterstützende Maßnahmen wie physikalische Anwendungen weiter verstärkt werden.
Bewegung
Regelmäßige Bewegungsübungen aktivieren die Muskel-Venen-Pumpe und helfen, den venösen Blutstrom in Richtung Herz aufrechtzuerhalten. Neben gezielten Übungen, die von Physiotherapeuten angeleitet werden, sollten bettlägerige Patienten nach Möglichkeit selbst aktiv bleiben. Dazu gehören das Anwinkeln und Strecken der Beine, das Kreisen der Füße, das Heben und Senken der Beine sowie Bewegungen wie „Fahrradfahren“ im Liegen. Auch das bewusste Anspannen und Entspannen der Zehen trägt zur Durchblutungsförderung bei.
Falls der Patient sich nicht eigenständig bewegen kann, kann die Pflegeassistenz unterstützend passive Bewegungsübungen durchführen. Bei Patienten mit eingeschränkter Bewegungsfähigkeit oder kognitiven Beeinträchtigungen sind passive Bewegungsübungen notwendig. Dabei werden die Gelenke durch gezielte Bewegungen mobilisiert, um den venösen Rückfluss zu unterstützen. Beispielsweise können Beine mehrfach aufgestellt oder Arme über den Kopf bewegt werden. Besonders bei Patienten mit Frakturen oder Gelenkersatz sollten die Übungen an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden, um Komplikationen zu vermeiden.
Flüssigkeitszufuhr
Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist essenziell, um eine zu hohe Blutviskosität zu verhindern. Ist zu wenig Flüssigkeit im Körper vorhanden, steigt die Konzentration der festen Blutbestandteile, was das Thromboserisiko erhöht. Ein verringerter Hautturgor oder trockene Haut können Anzeichen für eine unzureichende Flüssigkeitsaufnahme sein. Die Pflegeassistenz sollte Patienten aktiv zum Trinken ermutigen, insbesondere bei kognitiven Einschränkungen, indem sie beispielsweise Erinnerungsnotizen verwendet oder Getränke regelmäßig anbietet. Achtung bei Kontraindikationen wie z. B. Nieren- oder Herzinsuffizienz Rücksprache mit dem Arzt!
7.1.2. Physikalische Maßnahmen
• Medizinische Kompressionsstrümpfe (MKS)
• Medizinische Thromboseprophylaxestrümpfe (MTPS)
• Intermittierende pneumatische Kompression (IPK)
• Phlebologischer Kompressionsverband (PKV)
• Stützstrümpfe
Medizinische Kompressionsstrümpfe (MKS):
Werden zur Behandlung bestehender Venen- oder Lympherkrankungen eingesetzt. Sie erfordern eine ärztliche Verordnung und sind individuell an den Patienten angepasst. Durch den kontrollierten Druckverlauf, der von distal nach proximal abnimmt, fördern sie die Blutzirkulation und reduzieren Schwellungen. Diese Strümpfe müssen in Sanitätshäusern angepasst werden und sind in 4 Kompressionsklassen unterteilt. MKS werden über Nacht ausgezogen. Die MKS-Therapie bedarf einer ärztlichen Verordnung.
📸 Foto: Wikipedia 📸
Medizinische Thromboseprophylaxestrümpfe (MTPS):
Dienen speziell der Vermeidung von Thrombosen, insbesondere bei immobilen Patienten im Krankenhaus oder Pflegeheim. Sie üben einen gleichmäßigen Druck auf die Beine aus, um den Blutfluss in den tiefen Venen zu beschleunigen. Sie werden oft als „Liegestrümpfe“ bezeichnet, da sie vor allem im Liegen und während der Nacht effektiv sind (beeinflussen den Ruhedruck). Beim Gehen hingegen ist ihre Wirkung begrenzt, da die natürliche Muskel-Venen-Pumpe aktiver ist. Im Unterschied zu den MKS müssen MTPS Tag und Nacht getragen werden. Die MTPS-Therapie bedarf einer ärztlichen Verordnung.
Indikationen für die Anwendung von MTPS:
• venöse periphere Ödeme
• nach Operationen
Handhabung von MTPS:
• Strümpfe sollten morgens vor dem Aufstehen angezogen werden, wenn die Beine noch nicht geschwollen sind
• Das Material muss glatt auf der Haut anliegen, ohne Falten oder Einschnürungen
• Regelmäßige Hautkontrolle
• Strümpfe gehören gewaschen, verlieren davon jedoch ihre Kompressionskraft
MPTS anziehen:
• Patient in Rückenlage mit hochgelagerten Beinen vorbereiten
• Strümpfe zunächst auf links drehen, bis zur Ferse umklappen und von der Zehenspitze aus vorsichtig über den Fuß und das Bein ziehen
• Gleichmäßiges Verteilen, ohne Falten oder Verdrehungen, um Druckstellen zu vermeiden
• Kontrolle der Durchblutung und des Hautzustands nach dem Anziehen
MTPS Kontraindikationen:
• periphere-arterielle Verschlusserkrankungen
• dekompensierte Herzinsuffiziez
• massive Beinödeme
• lokale Infketionen
• Polyneuropathien
• Materialunverträglichkeit
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Intermittierende pneumatische Kompression (IPK):
Ist eine apparative Methode zur Förderung der Blutzirkulation. Hierbei werden spezielle Manschetten um die Beine gelegt, die in regelmäßigen Abständen mit Luft gefüllt und entleert werden. Dies erzeugt eine wellenförmige Druckbewegung, die den venösen Rückstrom verbessert. Diese Methode wird vor allem bei Patienten mit hohem Thromboserisiko oder nach Operationen eingesetzt. Die IPK-Therapie bedarf einer ärztlichen Verordnung.
📸 Foto: Wikipedia 📸
Phlebologischer Kompressionsverband (PKV):
Der Kompressionsverband (Bandage) wird kaum noch zur Thromboseprophylaxe genutzt, da medizinische Thromboseprophylaxestrümpfe (MTPS) effektiver und einfacher in der Anwendung sind.
In bestimmten Fällen wird der phlebologische Kompressionsverband jedoch als Alternative zu Strümpfen angewendet, zum Beispiel wenn diese nicht verfügbar sind oder nicht vertragen werden. Durch die Verbände wird ein kontrollierter Druck auf die oberflächlichen Venen ausgeübt, wodurch das Blut schneller in die tiefen Venen gelangt. Dies ist jedoch eine weniger standardisierte Methode und bedarf einer fachgerechten Anwendung. Die PKV-Therapie bedarf einer ärztlichen Verordnung.
Indikationen für den Phlebologischen Kompressionsverband:
• Varikosis (Varizen)
• Thrombose, TVT
• Postthrombotisches Syndrom (PTS)
• Lymphödem, Stauungsödem
• Chronisch-venöse Insuffizienz (CVI)
• Ulcus cruris venosum
• Fehlende passende Strümpe
• Unverträglichkeit gegenüber Strumpfmaterialien
• Vorübergehende Versorgung nach Operationen oder Verletzungen
Anwendung des phlebologischen Kompressionsverbands:
• kann als Wechselverband oder als Dauerverband angelegt werden
• Wechselverband wird abends abgewickelt und täglich neu angelegt
• Dauerverband wird 24 Stunden getragen
• Bindenmaterialien Kurzzugbinde oder Mittelzugbinde
• Bandage nach Fischer = Kurzzugbinde
• Beine bis knapp 2 cm unterhalb der Kniekehle bandagierten
• Kompressionsstärke muss von distal nach proximal kontinuierlich abnehmen
• nicht zu viel Druck ausüben (Fingertest) – Druck auch nach dem Anlegen kontinuierlich kontrollieren
• über die Ferste bandagieren und wieder zurück
• entweder ährenförmig oder spiralförmig binden
Phlebologischer Kompressionsverband – Kontraindikationen:
• lokale Defekte, Nekrosen, Verletzungen
• peripher arterielle Durchblutungsstörungen
• schwere Neuropathien
📸 Foto: Wikipedia 📸
Stützstrümpfe:
Sind keine medizinischen Produkte, sondern dienen der Vorbeugung von müden oder schweren Beinen, beispielsweise bei langem Sitzen oder Stehen. Im Gegensatz zu medizinischen Kompressionsstrümpfen sind sie nicht verschreibungspflichtig, bieten jedoch keinen nachweislichen Schutz vor Thrombosen. Sie üben nur einen geringen, gleichmäßigen Druck aus und sind daher nicht für die Thromboseprophylaxe im klinischen Bereich geeignet.
📸 Foto: bauerfeind.at*1) 📸
7.1.3. Medikamentöse Maßnahmen
• gerinnungshemmende Medikamente (Antikoagulanzien)
Ein wesentlicher Faktor bei der Entstehung von Thrombosen ist die Blutgerinnungsneigung, die medikamentös reduziert werden kann. Hierbei kommen gerinnungshemmende Medikamente (Antikoagulanzien) zum Einsatz, darunter Heparine, Cumarinderivate und Fibrinolytika.
In der Thromboseprophylaxe werden vor allem Heparine über einen begrenzten Zeitraum verabreicht. Diese Medikamente wirken schnell und werden meist subkutan injiziert. Die Verabreichung erfolgt durch die Pflegeassistenz, die zudem die Einstichstelle auf mögliche Nebenwirkungen wie Hämatome oder Entzündungen überwacht.
8. Venenpflege
• Regelmäßige Bewegung zur Aktivierung der Muskel-Venen-Pumpe
• Ausreichende Flüssigkeitszufuhr (Achtung bei Kontraindikationen wie z. B. Nieren- oder Herzinsuffizienz Rücksprache mit dem Arzt!)
• Hochlagern der Beine zur Entlastung (kein nachgewiesener Prophylaxe-Effekt, aber fördert das Wohlbefinden)
• Vermeidung von langem Stehen oder Sitzen
• Kompressionsstrümpfe oder medizinische Maßnahmen bei bestehenden Venenerkrankungen
Info:
*1) bauernfeind.at ist ein deutscher Hersteller medizinischer Hilfsmittel wie Bandagen, Orthesen, medizinischen Kompressionsstrümpfen und orthopädischen Einlagen.
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