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Kompetenz der Pflegeassistenz: Beobachten des Ernährungszustandes

Unterrichtsfach: Grundzüge und Prinzipien der Akut- und Langzeitpflege inklusive Pflegetechnik (GKPF)


31.03.2025

Das muss die Pflegeassistenz über den Ernährungszustand wissen:
➤ Dehydrationsprophylaxe umfassend beschreiben können
➤ Führen einer Flüssigkeitsbilanz
➤ Möglichkeiten zum Anregen des Appetits
➤ Abweichungen vom normalen Ernährungszustand beschreiben
➤ Gründe für eine Gewichtskontrolle angeben
➤ Waagenmodelle und Durchführung der Gewichtskontrolle benennen
➤ Auskunft über die Pflege bei Erbrechen geben
➤ Künstliche enterale von parenteraler Ernährung abgrenzen
➤ Unterschied zwischen nasogastraler/nasoduodenaler Sonde und PEG-Sonde erklären
➤ Genaue Durchfürhung von Einzelgabe, halbkontinuierlicher und kontinuierlicher Gabe der Sondennkost beschreiben

1. Dehydration und Exsikkose: Die Unterschiede

Dehydration Definition:
Flüssigkeitsmangel. Der Wasseranteil im Gewebe, Blut und den Zellen ist vermindert. Es kann zu Störungen verschiedener Körperfunktionen kommen. Erhöhtes Risiko im Alter.

Ursachen einer Dehydration:
• zu geringe Flüssigkeitszufuhr (z.B.: eingeschränktes Durstempfinden, Fieber, Erbrechen, Durchfall, starkes Schwitzen)
• Schluckstörungen
• Bettlägerigkeit
• Diuretika
• Laxanzien
• veränderte Nierenfunktion und dadurch erhöhte Ausscheidung

Symptome einer Dehydration:
• Durst
• Hypotonie
• Tachykardie
• Temperaturanstieg (Durstfieber)
• Schwäche/Schwindel
• Lethargie
• reduzierte Wahrnehmungsfähigkeit
• Bewusstseinsstörungen
• trockene Haut und Schleimhäute
• herabgesetzter Hautturgor
• eingefallene Augen
• Obstipation
• wenig und konzentrierter Urin
• Elektrolytentgleisung mit Krampfanfällen

Exsikkose Definition:
Austrocknung. Betrifft oft ältere oder pflegebedürftige Menschen, die zu wenig trinken oder aufgrund von Krankheiten vermehrt Flüssigkeit verlieren. Erhöhtes Risiko bei Menschen mit Demenz, akute Magen-Darm-Infekte oder Diabetes mellitus.

Ursachen einer Exsikkose:
• ist die Folge einer unbehandelten oder übersehenen Dehydration
• Sterbephase

Symptome einer Exsikkose:
Sichtbare Austrocknung des Körpers (s. Dehydration)

Unterschied zwischen Dehydration und Exsikkose:
Der Unterschied zwischen Dehydration und Exsikkose liegt im Schweregrad:
Dehydration = Flüssigkeitsmangel. Exsikkose = Austrocknung, ist die schwerste Form der Dehydration. Die Austrockung ist bereits äußerlich sichtbar: z.B. eingesunkene Augen, trockene Schleimhäute, stark herabgesetzter Hautturgor, getrübtes Bewusstsein, oft unkooperativ und teilweise aggressiv. Exsikkose ist ein klinischer Notfall!

⚠️🚑 ERSTE HILFE MAßNAHME NOTWENDIG! ⚠️🚑 Therapie bei Exsikkose:
Wiederherstellung einer physiologischen Flüssigkeitsbilanz durch:
• orale Flüssigkeitszufuhr (auch in Form von Nahrung)
* wiederholt instruieren / Anwesenheit einer Pflegeperson
• ggf. Infusionen zur Flüssigkeitszufuhr
• bei stark bewusstseinsgetrübten Patienten kein Wasser oral geben! Aspirationsgefahr!

2. Dehydrationsprophylaxe

• stündlich Flüssigkeit anbieten (außer bei Ödemen, Herz- und Niereininsuffizienz – hier Flüssigkeitsmenge mit Arzt/Ärztin absprechen)
• Flüssigkeitsbilanz erstellen
• auch Suppen, Saucen, nektarartige Speisen, Wassereis und Wassermelonen werden zu den Flüssigkeiten gezählt und der Flüssigkeitsbilanz hinzugerechnet
• Trinkplan erstellen oder Trinkwecker nutzen
• Lieblingsgetränke anbieten
• vor und nach jeder pflegerischen Maßnahme ein Getränk anbieten
• Trinkhilfen verwenden (Schnabelbecher, Strohhalme)
• Gläser und Trinkhilfen mit einheitlichem Füllvolumen verwenden (hilft bei der Flüssigkeitsbilanzierung)
• Getränke immer in Griffweite stellen
• Infusionstherapie als letzte Maßnahme nach Ausschöpfen aller anderen Möglichkeiten der Dehydrationsprophylaxe

3. Appetit von geriatrischen PatientInnen anregen

• Lieblingsspeisen anbieten
• angenehme Raumatmosphäre – lüften, nicht zu warm, nicht zu kalt
• keine Pflegeinterventionen während des Essens
• appetitlich, in kleinen Portionen anrichten
• Bewegung fördern
• Essen im Sitzen, am besten bei Tisch sitzen lassen
• visuelle Anregung durch TV oder Zeitung
• Geschmack anregen durch Gespräche über das Essen
• Hilfestellung geben
• genügend Zeit geben
• in Gesellschaft essen lassen
• Schmerzlinderung vor dem Essen

4. Beobachtung des Ernährungszustandes

• Messung des Körpergewichtes
• Beobachtung des Gesamterscheinungsbildes, der Menge subkutanen Fettgewebes und des Hautturgors

Ernährungszustand = Verhältnis Körpergröße – Körpergewicht

Normaler Ernährungszustand

…wird über das Gewicht bestimmt.

• subkutanes Fettgewebe ist vorhanden
• Haut ist elastisch, unauffälliger Hautturgor

Malnutrition

dem Körper fehlen Nährstoffe oder stehen ihm nicht in der benötigten Menge zur Verfügung.

Kennzeichen:
• Fehlen oder geringes Vorkommen subkutaner Fettpolster
• Haut wirkt schlaff
• Wangen sind eingefallen
• Rippenbögen und Beckenknochen sind deutlich sichtbar
• herabgesetzte Leistungsfähigkeit
• Müdigkeit, Abgeschlagenheit

Risikofaktoren für eine Malnutrition:
• alleine leben
• keine warmen Mahlzeiten
• Kaubeschwerden oder Zahnlosigkeit/keine Zahnprothese
• Probleme beim Schlucken
• Immobilität
• Appetitlosigkeit
• geringe finanzielle Mittel
• geistige Beeinträchtigung
• Erkrankungen {z.B. Depression, Diabetes mellitus)
• Probleme beim Schneiden
• Einnahme von sehr vielen Medikamenten

Kachexie

= hochgradige Abmagerung, pathologischer Gewichtsverlust

Kennzeichen:
• subkutane Fettpölster gänzlich verschwunden
• Haut schlaff, trocken, faltig
• Gewicht stark verringert
• Appetitlosigkeit
• Kraftlosig-, Müdig-, Interesselosigkeit
• Anfälligkeit für Infekte
• Amenorrhoe

Adipositas

= Fettleibigkeit

Das Normalgewicht wird um mehr als 20 % überschritten.

5. Erbrechen Beobachtungskriterien

• Menge
• Zeitpunkt und Häufigkeit
• Farbe
• Geruch
• Beimengungen

Farbe, Geruch, Beimengungen

Bluterbrechen – Magen- oder Speiseröhrenblutung
kaffeesatzähnlich – Magenblutung, deutet auf bereits geronnenes Blut hin
gelblich-grün – Rückfluss von Galle in den Magen
Koterbrechen (Miserere) – Darmverschluss (Ileus)
säuerlich riechend – Reflux
angedaute Speisen – gestörte Magenentleerung
unverdaute Speisen – Nahrung verweilt in der Speiseröhre, Ösophagusdivertikel
Schleimbeimengungen – chronische Gastritis, Reizmagen

6. Hilfestellung / Pflege bei Erbrechen

• Oberkörper hoch
• Beengende Kleidung, Zahnprothesen entfernen, Haare aus dem Gesicht
• Nierenschale oder Waschschüsseln reichen
• Tücher bereitstellen
• Fenster öffnen
• Kopf und Rücken gut stützen
• Gesicht reinigen
• bei Bewusstlosigkeit: stabile Seitenlage, evtl. Absaugen des Erbrochenen
• Vitalzeichen beobachten
• Beobachtung des Erbrochenen lt. Beobachtungskriterien
• danach Mundpflege, ggf. Kleidung und Bettwäsche wechseln
• Lüften
• Erbrochenes beurteilen
• Dokumentation
• Nahrungsmittelkarenz
• Antiemetika nach ärztlicher Verordnung (reduzieren Erbrechen und Übelkeit)

7. Die drei Verabreichungsarten von künstlicher Ernährung mittels PEG-Sonde

• Schwerkraftsystem – halbkontinuierlich
• Ernährungspumpe – kontinuierlich
• Spritze – Bolusabgabe

Bolus Definition:
„Bissen“. Der Speisebrei, der nach dem Kauen und Einspeicheln im Mund entsteht und dann in den Magen weitergeleitet wird.

8. Pflege nach dem Setzen der PEG-Sonde

  1. In der ersten Woche soll der Verbandswechsel täglich erfolgen. Danach kann er bei unauffälligen Wundverhältnissen („bei blanden Wunden“) zwei- bis dreimal wöchentlich unter aseptischen Bedingungen durchgeführt werden.
  2. Die Einstichstelle und die umliegende Haut mit einem Hautdesinfektionsmittel von zentral nach peripher gereinigt werden.
  3. Einstichstelle regelmäßig auf Entzündungszeichen kontrollieren.
  4. Fixierungsriegel sowie die Sonde mit Wasser reinigen.
  5. Statt eines Vollbades wird empfohlen, zu duschen.
  6. Nach 24 Stunden sollte die äußere Halteplatte gelockert werden (Druckschäden und Einwachsen vermeiden).
  7. Ab dem siebten Tag nach der Stomaanlage ist täglich die Beweglichkeit der inneren Halteplatte zu überprüfen. Die Sonde dabei 1 1/2 cm vor- und zurückschieben und/oder um 180° (bis 360°) drehen.
  8. Kein Zug oder Druck auf das Stoma ausüben. Der Fixierungsriegel soll locker sitzen.

9. Verabreichung von Nahrung mittels PEG-Sonde

Vorbereitung

• Nährlösung kontrollieren: soll gut durchmischt sein und Raumtemperatur (höchstens 30 °C) aufweisen. Eine Überhitzung würde die Eiweiße zerstören, und eine Ausflockung macht die Lösung unbrauchbar (verwerfen).
• Beim Öffnen der Nährlösung sollte ein hörbares Klicken erfolgen.
• Überleitungssystem, Alexanderspritze, kleine Spritze für Medikamente und Spüllösung

Durchführung

• Betroffene Person über die Maßnahme informieren.
• Oberkörper entweder hochlagern oder bei bewusstlosen Personen seitlich positionieren.
• Sonde öffnen und spülen
• Überleitungssystem anschließen
• Gabe aufmerksam zu beobachten, Tropfgeschwindigkeit mehrfach kontrollieren, Wasser darf schneller laufen als die Nährlösung

Nachbereitung

• Sonde gründlich spülen.
• ausreichende Flüssigkeitszufuhr gewährleisten.
• nach der Gabe Mundpflege durchführen.
• Spritze gründlich reinigen und täglich austauschen.
• Leerbeutel und Applikationssysteme alle 24 Stunden wechseln.
• ca. 30 Minuten in Oberkörperhochpositionierung bleiben
• dokumentieren: Besonderer Fokus auf Eiweißgerinnung, Medikamentenreste oder Magensäure und die nach dieser Beobachtung erfolgte Spülung.

Durchfall:
Nahrung zu schnell, in zu großer Menge oder zu kalt verabreicht?
Unverträglichkeit gegenüber Milcheiweiß? Kann auf Sojaeiweiß ausgewichen werden.

Verstopfung:
Mangel an Flüssigkeit?
Bewegungsmangel
ballaststoffarme Sondennahrung
Einnahme bestimmter Medikamente, z.B. Opiate

10. PEG-Sonde: Spülung durchführen

Eine Spülung erfolgt immer vor und nach jeder Nahrungszufuhr. Bei einer kontinuierlichen Ernährung sollte sie alle zwei Stunden durchgeführt werden. Auch vor und nach jeder Medikamentengabe muss gespült werden. Sonden, die derzeit nicht zur Nahrungsaufnahme verwendet werden, sollten trotzdem mindestens dreimal täglich oder alle 8 Stunden gespült werden.

Spülung durchführen:
20 bis 40 Milliliter lauwarmes, abgekochtes Wasser, stilles Mineralwasser oder steriles Wasser verwenden. KEINE TEES einsetzen! Ätherische Öle greifen die Sonde an. Früchtetees und Obstsäfte sind aus diesem Grund ebenso zu vermeiden. Außerdem können sie Ausflockungen verursachen. Kein Schwarzer Tee! Führt zu Verstopfungen und Ablagerungen in der Sonde. Auch Kamillentee ist ungeeignet!

Bei verstopften Sonden können Cola light, stilles Mineralwasser, Zitronensaft (verdünnt!), Pepsinwein helfen. Vorsichtiges Kneten des Sondenschlauchs, um Ablagerungen zu lösen.

11. PEG-Sonde: Medikamentengabe

• prüfen, ob Medikament mörserbar. Retardmedikamente dürfen nicht zerkleinert werden
• Besondere Vorsicht bei Präparaten mit Eisen, Magnesium oder Kalziumsalzen: Wechselwirkungen
• Brause- und Pulverpräparate verdünnen (reizen die Schleimhäute)
• Hartgelatinekapseln öffnen und Inhalt in 10 bis 15 ml Flüssigkeit aufschwemmen. Direkt nach der Auflösung mit einer kleinen Spritze verabreichen.
• Weichgelatinekapseln anstechen und mit einer Spritze portionieren, alternativ in warmem Wasser auflösen. Reste entfernen.
• Flüssige Arzneiformen (Säfte, Sirupe, Tropfen, Suspensionen) immer verdünnen, reizen die Schleimhäute
• Insgesamt ist es immer besser, auf eine andere Darreichungsform, z.B. Transdermalpflaster oder Tropfen, umzusteigen
• Medikamente niemals zusammen mit der Nahrung verabreichen
• Medikamente einzeln verabreichen, jeweils mit etwa 5 ml Wasser nachspülen
• vor und nach jeder Medikamentengabe mit ca. 20 ml Wasser spülen



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