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Kompetenz der Pflegeassistenz: Atmung beobachten

Unterrichtsfächer: Grundzüge und Prinzipien der Akut- und Langzeitpflege inklusive Pflegetechnik (GKPF)



Die Atmung ist ein lebenswichtiges Vitalzeichen – durch ihre sorgfältige Beobachtung können gesundheitliche Veränderungen frühzeitig erkannt werden. Von den Atemtypen über die Atemfrequenzen bis hin zu Sputumbeurteilung und der Beurteilung von Atemgeruch: Diese Seite vermittelt alles, was PflegeassistentInnen über die Atmungsbeobachtung wissen müssen.

29.03.2025

1. Definition physiologische Atmung

Die physiologische Atmung (Eupnoe) geschieht unbewusst. Sie ist regelmäßig, gleichmäßig, tief, geräuschlos und (fast) geruchlos. Der Atemvorgang ist entspannt und beschwerdefrei.

Inspiration = Einatmen
Expiration = Ausatmen

2. Beobachtungssituationen

Die Beobachtung wird durchgeführt bei:
• direkt nach dem Einzug einer neuen BewohnerIn
• täglich bei Lungenerkrankungen oder Erkrankungen des Herzkreislaufsystems
• täglich bei zusätzlicher Versorgung mit Sauerstoff
• täglich bei Medikamenten mit potenziell atemdepressiven Nebenwirkungen (Opioide)
• täglich bei komatösen oder bei beatmeten Bewohnern

3. Die Beobachtung der Atmung

Die Durchführung der Atembeobachtung sollte für den Patienten unauffällig erfolgen, da die Atmung willkürlich beeinflussbar ist. Ein- und Ausatmung (= Heben und Senken des Brustkorbs bzw. der Bauchdecke) werden dabei als jeweils ein Atemzug gezählt. Die Atmung wird idR ca. Eine Minute lang beobachtet.

4. Atmung: Beobachtungskriterien

• Atemfrequenz
• Atemintensität / Atemtiefe
• Atemrhythmus
• Atemgeräusche
• Atembeschwerden
• Atemtyp

🪢 🧩💡Erinnerungsknoten: Was sind die Kriterien der Pulsbeobachtung?💡🧩 🪢

4.1. Atemfrequenz

Physiologische Atmung:
Erwachsene: 12-20 Atemzüge pro Minute
Kind (6 Jahre): 20-25 Atemzüge/Minute

Neugeborene: 35-50 Atemzüge/Minute
Jugendlicher (16 Jahre): 15-20 Atemzüge/Minute

Das Verhältnis von Puls- zu Atemfrequenz beträgt bei Erwachsenen ca. 4:1.

Veränderungen der Atemfrequenz

• Tachypnoe
• Bradypnoe
• Apnoe

Tachypnoe
erhöhte Atemfrequenz, beim Erwachsenen >20 Atemzüge/Minute
Physiologisch: z.B. körperliche Betätigung, Aufregung
Pathologisch: z.B. Schmerzen, Fieber, Herz- und Lungenerkrankungen, Anämie

Bradypnoe
verminderte Atemfrequenz, beim Erwachsenen <12 Atemzüge/Minute
Physiologisch: im Schlaf, während tiefer Entspannung, trainierte Sportler
Pathologisch: Schädigung des Atemzentrums (z.B. Schädel-Hirn-Trauma, Hirnödem), Vergiftungen (z.B. Opiate)

Apnoe
Atemstillstand. Sofortiges Handeln notwendig!
Eine Apnoe ist an folgenden Symptomen erkennbar:
• keine Bewegungen des Thorax und Abdomens
• keine Atemgeräusche an Nase und Mund
• Bewusstlosigkeit
• blasse oder zyanotische Haut

Auf einen Atemstillstand folgt nach circa vier Minuten der Herzstillstand.

⚠️🚑 ERSTE HILFE MAßNAHME NOTWENDIG! Welche Erste-Hilfe-Maßnahmen leitest du bei Atemstillstand ein? ⚠️🚑

4.2. Atemintensität / Atemtiefe

Physiologisch: Beim gesunden Menschen passt sich die Atmung automatisch an den Sauerstoffbedarf an. Sie hängt davon ab, wie viel Kohlendioxid im Blut ist. Wenn sich der Sauerstoff- oder Kohlendioxidgehalt verändert, reagiert der Körper darauf. Bei Sauerstoffmangel atmet man zum Beispiel schneller und tiefer.

Veränderungen der Atemtiefe

• Hypoventilation
• Hyperventilation
• Kussmaulatmung

Hypoventilation
flache, oberflächliche Atmung, Atemfrequenz kann völlig normal sein. Minderbelüftung einzelner Lungenabschnitte (Atelektasen).
Ursachen z.B. bei Bettlägerigkeit, Schonatmung, Sekretstau in den Atemwegen
Pneumoniegefahr!

Hyperventilation
beschleunigte und vertiefte Atmung, meist psychisch bedingt
eine beschleunigte Atmung aufgrund von körperlicher Aktivität ist keine Hyperventilation
Ursachen z.B. hormonell, stoffwechselbedingt, medikamentös bedingt

Kussmaulatmung
abnorm vertiefte, aber sehr regelmäßige Atemzüge
Ursache z.B. diabetisches oder urämisches Koma

4.3. Atemrhythmus

Physiologisch: Der Atemrhythmus ist physiologisch, wenn die Atemzüge regelmäßig erfolgen und dabei die
gleiche Luftmenge eingeatmet wird (gleichmäßige Atemtiefe). Zeitverhältnis Inspiration – Exspiration: 1:2 (Ausatmung dauert etwa doppelt so lange wie die Einatmung).

Pathologisch:
• Cheyne-Stokes-Atmung
• Schnappatmung
• Biot-Atmung
• Nasenflügelatmung

Cheyne-Stokes-Atmung:
periodisches An- und Abschwellen der Atemzüge, gefolgt von einer Atempause. Bei schwerer Schädigung des Atemzentrums und bei Herzerkrankungen infolge einer verlangsamten Blutströmung. Physiologisch tritt diese Atmung bei Schlaf oder bei raschen Höhenanstiegen auf.

Schnappatmung:
einzelne schnappende Atemzüge zwischen langen Atempausen. Häufig geht dem die Cheyne-Stokes-Atmung voraus. Oft Zeichen des nahenden Todes.

⚠️🚑 ERSTE HILFE MAßNAHME NOTWENDIG! Auch Schnappatmung ist beatmungspflichtig! ⚠️🚑

Biot-Atmung:
einige tiefe und regelmäßige Atemzüge, auf die eine Atempause folgt. Erhöhter Hirndruck, Meningitis, Schädel-Hirn-Trauma.

Nasenflügelatmung:
die Nasenflügel werden bei jedem Einatmen zur Unterstützung der Atmung aufgebläht. Typisch bei Atemnot. Oft bei Säuglingen und Kindern zu beobachten.

4.4. Atemgeräusche

Physiologisch: bei Anstrengung oder Erregung
Pathologisch:
Schnarchen
Stridor: ziehendes oder pfeifendes Atemgeräusch, bei verengten Atemwegen (inspiratorischer / exspiratorischer Stridor)
Rasselgeräusche: pathologische Atemgeräusche in den Bronchien (trockene und feuchte Rasselgeräusche)
Schluckauf (Singultus)

4.5. Atemgeruch

Der Atemgeruch ist normalerweise unauffällig.

Ein auffälliger, unangenehmer Atemgeruch ist meist ein Krankheitszeichen:
• Azetongeruch (nagellackentfernerartig) – Hyperglykämie
• jauchig stinkend – Lungentumor
• Ammoniakgeruch (urinalartig) – Leberzirrhose
• erdig oder nach frischer Leber (Foetor hepaticus) – Lebererkrankung
• Eitergeruch – bakterielle Infektion
• fischig, nach faulen Eiern (Foetor uraemicus) – Nierenversagen im Endstadium
• unangenehm faulig oder süßlich – Stomatitis (Foetor ex ore)
• säuerlich, bitter, leicht faulig – Gastritis

🪢 🧩💡Erinnerungsknoten: Was ist Stomatitis?💡🧩 🪢

4.6. Atemtyp

Die vier Atemtypen:
• Bauchatmung (Zwerchfell und Brustkorb heben und senken sich)
• Brustatmung (Thorax hebt sich)
• Mischatmung (Zwischenmuskulator und Zwerchfell heben und senken sich gleichzeitig, z.B. bei körperlicher Anstrengung)
• Auxiliaratmung (Atemhilfsmuskulatur wird zur Unterstützung bei Atemnot eingesetzt)

5. Dyspnoe

Dyspnoe Definition:
Atemnot. Gefühl, nicht genug Luft zu bekommen. Zustand von Luftmangel.

Dyspnoe Symptome:
• Angst, Todesangst
• Nasenflügelatmung
• sichtbarer Einsatz der Atemhilfsmuskulatur
• Unruhe, Schwitzen
• Tachykardie
• Tachy- oder Bradypnoe
• auffällige Atemgeräusche
• Husten und Auswurf
• blasse oder zyanotische Haut

Der Unterschied zwischen Tachypnoe und Dyspnoe: Tachypnoe bezeichnet eine erhöhte Atemfrequenz (schnelles Atmen), die objektiv messbar ist. Sie kann ohne subjektives Atemnotgefühl auftreten. Dyspnoe beschreibt eine subjektiv empfundene Atemnot, also das Gefühl, keine Luft zu bekommen. Dyspnoe kann unabhängig von der Atemfrequenz bestehen und tritt bei verschiedenen Herz- oder Lungenerkrankungen auf. Die Dyspnoe ist nicht immer ein akuter Zustand. Sie kann sowohl akut als auch chronisch auftreten. Sie wird nur dann als akut bezeichnet, wenn sie plötzlich bzw. innerhalb kurzer Zeit auftritt. Auch der sogenannte Lufthunger wird als Dyspnoe bezeichnet. Betroffene empfinden dabei einen starken Drang, tief einzuatmen oder mehr Luft „holen“ zu müssen. Dieses Gefühl entsteht z. B. bei Asthma oder Angstzuständen.

Auftreten von Dyspnoe:
physiologisch: körperliche Belastung (Belastungsdyspnoe), Adipositas
pathologisch (Ruhedyspnoe):
pulmonal – COPD, Asthma bronchiale, Pneumonie, Lungenödem, Bronchialkarzinom
kardial – Herzinsuffizienz, Herzinfarkt, Myokarditis, Herzklappenerkrankungen, Herzrhythmusstörungen
sonstige – Skoliose, Rippenfraktur, Angst („Lufthunger“), Anämie

5.1. Orthopnoe

Orthopnoe Definition:
Zustand schwerster Atemnot, bei dem der Patient nur noch aufrecht sitzend und unter Zuhilfenahme der Atemhilfsmuskulatur atmen kann.

🪢 🧩💡Erinnerungsknoten: Welche Erste Hilfe Maßnahmen setzt du bei Dyspnoe?💡🧩 🪢

Pflegerische Maßnahmen bei akuter Atemnot:
Sicherheit vermitteln
Hilfe holen: Arzt, Notarzt rufen
Mitpatienten, Besucher aus dem Zimmer bitten
beengende Kleidungsstücke öffnen
Fenster öffnen
Oberkörper hoch
ggf. Kutschersitz, Tormannstellung
zur Lippenbremse anleiten
Vitalzeichen engmaschig kontrollieren
PatientIn psychisch betreuen, da die Angst die Dyspnoe verschlimmert
ggf. Bronchialsekret absaugen
im Notfall als Erste Hilfe Maßnahme ist die Gabe von Sauerstoff erlaubt, ansonsten muss die O2-Gabe vom Arzt angeordnet werden
Notfall- oder Bedarfsmedikation lt. Arztanordnung
Bei Atemstillstand sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen

🪢 🧩💡Erinnerungsknoten: Womit wird bei der Reanimation begonnen?💡🧩 🪢

6. Sauerstoffmangel

Fremdwort:
Hypoxämie

Symptome (akut/chronisch):
• Zyanose
• Dyspnoe
• Tachypnoe
• Kurzatmigkeit
• Tachykardie
• Bewusstseinsstörungen
• Schwindel
• Angst
• Blasse Haut / zyanotische Haut
• Müdigkeit
• Leistungsabfall
• Bewusstlosigkeit

Uhrglasnägel, oft in Verbindung mit Trommelschlägelfingern stehen in Verbindung mit chronischem Sauerstoffmangel.

7. Sauerstoff verabreichen

Die Pflegeassistenz darf Sauerstoff nur im Notfall selbstständig verabreichen (bis zu max. 8L). Jegliche Verabreichung von Sauerstoff, die nicht als Erste Hilfe Maßnahme gilt (z.B. im Pflegesetting bei COPD-PatientInnen) darf sie nur nach ärztlicher Anweisung durchführen.

8. Systeme zur Sauerstoffverabreichung

Sauerstofftherapie Definition:
Medizinische Sauerstoffgabe in einer Konzentration von mind. 99,5%.

Systeme zur Sauerstoffverabreichung:
• Sauerstoffwandanschluss
• Mobiler Sauerstoffkonzentrator
• Mobile Sauerstoffflasche

Sauerstoffwandanschluss
ist eine zentrale Sauerstoffversorgung. Die Nutzung kann über den Wandanschluss im Zimmer erfolgen.

Mobiler Sauerstoffkonzentrator
verdichtet Sauerstoff auf bis zu 95 Vol%. Ist ein Gerät, das nicht größer als ein Koffer ist, und daher mobil eingesetzt werden kann.

Mobile Sauerstoffflaschen
werden häufig im Notfall eingesetzt. Besitzen nur eine begrenzte Menge an Sauerstoff, der in Liter angegeben wird. Eignen sich nicht für eine langfristige Therapie. Die Flasche steht unter hohem Druck! Vor Verwendung das TÜV-Siegel kontrollieren!

9. Umgang mit Sauerstoff – Sicherheitshinweise

Sauerstoff ist ein Brandbeschleuniger. Deshalb sind besondere Sicherheitsmaßnahmen zu treffen:
• TÜV-Fristen (alle 10 Jahre) einhalten und Verfallsdatum kontrollieren (3 Jahre ab Fülldatum)
• Hände vor dem Flaschenwechsel waschen (Fettfreiheit)
• Flaschenwechsel außerhalb des Zimmers durchführen (Explosionsgefahr)
• Druckminderer und Flowmeter nach jeder Anwendung wieder schließen (Leckagevermeidung)
• Offenes Feuer und Rauchen ist strengstens verboten (Brandgefahr)
• Anschlüsse nur per Hand anziehen, nie mit Gewalt oder unter Anwendung von Werkzeugen (Materialschonung)
• ein Restdruck muss in der Flasche immer vorhanden sein (Verunreinigungsschutz)
• Sauerstoffflasche:
– gegen Umfallen sichern (Lagerung nur im Liegen, Gasverlust)
– mit geschlossenem Ventil transportieren (Gasverlust)
– vor starker Erwärmung schützen (Druckanstieg)
– nicht in einem geschlossenen Raum entleeren (Sauerstoffanreicherung)
– nur an der Armatur und nur von Außen und mit einem trockenen Tuch reinigen (Funkenvermeidung)

10. Sauerstoff-Insufflationssysteme

Insufflationssysteme:
• Sauerstoff-Nasensonde
• Sauerstoff-Maske
• Sauerstoff-Brille

VIEL GLÜCK BEI DER PRÜFUNG! 🍀


Bild: pixabay, @Ennaej