Viele Menschen glauben noch immer, dass der Beruf der Pflegeassistenz ausschließlich aus praktischer Pflege besteht. Doch neben den pflegerischen Tätigkeiten ist auch ein humanwissenschaftliches Grundlagenwissen fester Bestandteil des Lehrplans. Je fundierter sie in Teilbereichen wie etwa Psychologie geschult sind, desto besser können sie das Verhalten und die Bedürfnisse der betreuten Personen verstehen.
Fachsozialbetreuer können nach abgeschlossener Ausbildung die individuellen Herausforderungen der betreuten Personen erfassen und noch gezielter auf deren sozialen und psychischen Bedürfnisse eingehen.
Die Diplom-Sozialbetreuung wiederum verfügt über ein tiefgehendes Verständnis für zwischenmenschliche und organisatorische Zusammenhänge. Sie kann nicht nur komplexe psychosoziale, ethische und pädagogische Fragestellungen professionell analysieren, sondern auch die Einzelindividuen im professionellen Team gezielt unterstützen, deren Fort- und Weiterbildungen koordinieren sowie Betreuungsprozesse strukturiert planen.
Diese Seite bietet eine Einführung in die humanwissenschaftlichen Grundlagen, die im ersten Jahr der Ausbildung zur Fachsozialbetreuung vermittelt werden und auf das Berufsbild der Pflegeassistenz vorbereiten.
INHALT
Die Humanwissenschaft
Disziplinen unter dem Dach der Humanwissenschaften
Die Kleine und die Große Menschenwürde
Der „Schleier des Nichtwissens“
Die Psychologie
Der Unterschied zwischen Alltagspsychologie und wissenschaftlicher Psychologie
Diese 3 Kriterien müssen eingehalten werden, wenn wissenschaftlich gearbeitet wird
Methoden der Psychologie
Die Ziele der Psychologie
Angewandte Psychologie
Die Entwicklungspsychologie
Der Anlage-Umwelt- Begriff und der derzeitige Stand in der Forschung
Methoden der Entwicklungspsychologie
Worauf legt der Psychotherapeut seinen Fokus?
Psychiater, Psychologe oder Psychotherapeut: Wer darf Medikamente verschreiben?
Menschliche Abwehrmechanismen
Die Totale Institution
Die Humanwissenschaft
Definition:
Die Humanwissenschaft ist ein Sammelbegriff für verschiedene wissenschaftliche Disziplinen, die sich mit dem Menschen befassen. Dazu gehören unter anderem die Psychologie, Soziologie, Pflegewissenschaft und die Medizin.
Disziplinen unter dem Dach der Humanwissenschaften
Psychologie: Wissenschaft vom Erleben, Verhalten und den kognitiven Prozessen des Menschen.
Soziologie: Wissenschaft vom Einfluss sozialer Strukturen, Gesellschaft und Kultur.
Medizin: Erforschung, Diagnose, Behandlung und Prävention von Krankheiten.
Pflegewissenschaften: Wissenschaft über die Auswirkungen von Krankheit, Leiden und Behinderung auf das tägliche Leben sowie den Wirkungen und der Effektivität pflegerischer Interventionen. Bezugswissenschaften sind z. B. Medizin, Soziologie, Psychologie.
Pädagogik: Wissenschaft von Bildung und Erziehung. Befasst sich mit Theorien und Methoden des Lehrens und Lernens.
Anthropologie: Erforschung der biologischen, kulturellen und sozialen Aspekte des Menschen in Vergangenheit und Gegenwart. Die Anatomie ist ein Teilbereich der Anthropologie (Physische Anthropologie).
Gesundheitswissenschaften (Public Health): befassen sich mit der Erhaltung und Förderung der Gesundheit auf individueller und gesellschaftlicher Ebene. Teildisziplinen sind unter anderem Präventionsmedizin, Ernährungswissenschaft, Gesundheitspsychologie und Sportwissenschaft.
Die Pflegeassistenz ist ein praktischer Berufszweig im Kontext der Pflegewissenschaft und wird vor von den Disziplinen Medizin, Psychologie und Soziologie beeinflusst. Der Fach-Sozialbetreuer ist primär als Berufszweig in den Bereichen der Sozialwissenschaften und der Gesundheitswissenschaften angesiedelt. Er wird besonders von den Disziplinen Psychologie, Soziologie und Erziehungswissenschaft beeinflusst. Beim Diplom-Sozialbetreuer erweitert sich das fachliche Spektrum über die bereits genannten Disziplinen hinaus um Sozialpsychiatrie, Ethik und Philosophie, die eine noch tiefere Auseinandersetzung mit Fragestellungen in der Betreuung ermöglichen.
Der Begriff der Menschenwürde
Der Begriff der Menschenwürde besagt, dass alle Menschen unabhängig von Geschlecht, Nationalität, Religionszugehörigkeit, sexueller Orientierung oder sozialem Status den gleichen Wert und die gleiche Würde besitzen. Daher steht ihnen in sämtlichen gesellschaftlichen Bereichen – von der Gesundheitsversorgung über die Meinungsfreiheit bis hin zur Bildung – das Recht auf Gleichbehandlung zu.
Die Kleine und die Große Menschenwürde
Die Unterscheidung zwischen kleiner und großer Menschenwürde dient dazu, zwei unterschiedliche Perspektiven auf den Begriff zu verdeutlichen. Diese Unterscheidung ermöglicht es, ethische Fragestellungen, etwa zu Debatten über Sterbehilfe, differenziert zu betrachten.
Definition
• Die Kleine Menschenwürde bezieht sich auf die individuelle Würde eines Menschen in bestimmten Situationen. Beispiel: Manche ethischen Debatten stellen infrage, ob Menschen mit schweren geistigen Beeinträchtigungen oder im Koma noch die gleiche Würde besitzen.
• Die Große Menschenwürde bezieht sich auf die universelle und unveräußerliche Würde aller Menschen (EU-Charta der Grundrechte: Würde des Menschen ist unantastbar). Beispiel: Jeder Mensch hat Würde, egal ob er bewusstseinsklar ist oder nicht.
Während die kleine Menschenwürde durch äußere Umstände oder persönliche Einschätzungen beeinflusst wird, bleibt die große Menschenwürde unantastbar und gilt für alle Menschen gleichermaßen.
Im pflegerischen Alltag stehen Pflegeassistentinnen und Pflegeassistenten häufig vor Situationen, in denen die Würde eines Menschen scheinbar infrage gestellt wird – etwa bei schwerster Pflegebedürftigkeit, Demenz oder im Endstadium einer Erkrankung. Die Kenntnis über die ethischen Grundlagen der Menschenwürde hilft ihnen, sich bewusst für eine würdevolle Betreuung einzusetzen, auch wenn eine Person ihre Würde nicht mehr selbst artikulieren kann.
🪢 🧩💡Erinnerungsknoten: Wo steht geschrieben, dass die Würde des Menschen unantastar ist?💡🧩 🪢
Für SchülerInnen christlicher Schulen ist es interessant zu wissen, dass die Rechtstheorie die Menschenwürde als in der jüdisch-christlichen Tradition verwurzelt betrachtet. Einige Rechtswissenschaftler vertreten jedoch nicht uneingeschränkt die Auffassung, dass die Menschenwürde ein universelles, zeitloses ethisches Grundprinzip sei, das über jeder Staatsform steht. Diese Sichtweise kann gefährlich sein, da sie die Menschenwürde relativierbar macht und sie von historischen, kulturellen oder politischen Rahmenbedingungen abhängig erscheinen lässt. Mit dieser Sichtweise könnte die Unveräußerliche Menschenwürde in bestimmten politischen Systemen infrage gestellt und eingeschränkt werden.
Der “Schleier des Nichtwissens”
Das Gedankenexperiment „Der Schleier des Nichtwissens“ wurde von dem US-amerikanischen Philosophen John Rawls in seinem Werk „Theory of Justice“ (1971) entwickelt.
Grundidee:
Rawls fordert dazu auf, sich eine Situation vorzustellen, in der Menschen eine gerechte Gesellschaftsordnung entwerfen, jedoch ohne zu wissen, welche soziale Stellung, Fähigkeiten oder Eigenschaften sie später in dieser Gesellschaft haben werden.
Der Schleier des Nichtwissens:
Die Menschen befinden sich in einem fiktiven Urzustand, bevor sie in die Gesellschaft eintreten. Sie stehen unter einem Schleier des Nichtwissens, der verhindert zu wissen, ob sie reich oder arm, gesund oder krank, gebildet oder ungebildet, einer Mehrheit oder einer Minderheit angehören werden.
Ziel des Gedankenexperiments:
Das Modell soll zeigen, dass eine gerechte Gesellschaft nicht durch persönliche Interessen geprägt sein sollte, sondern durch allgemeine Prinzipien, die für alle Menschen fair sind.
Aus diesem Gedankenexperiment leitet Rawls zwei zentrale Gerechtigkeitsprinzipien ab:
1. Das Gleichheitsprinzip (Prinzip der gleichen Grundfreiheiten)
Jeder Mensch soll die gleichen grundlegenden Rechte und Freiheiten haben, unabhängig von sozialen oder wirtschaftlichen Unterschieden. Beispiele: Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Versammlungsfreiheit, politisches Mitspracherecht.
2. Das Differenzprinzip (Prinzip der sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten)
Ungleichheiten sind nur dann gerechtfertigt, wenn sie zum größtmöglichem Vorteil für die am schlechtesten gestellten Mitglieder der Gesellschaft führen. Gleichzeitig müssen Ãmter und Positionen allen offenstehen (Chancengleichheit).
Das Verhalten der Menschen im Naturzustand nach Rawls
Rawls geht davon aus, dass Menschen in ihrem Naturzustand grundsätzlich gleichberechtigt sind und die Fähigkeit besitzen, rational zu handeln und Entscheidungen zu treffen.
Die Psychologie
Definition:
Psychologie ist die Wissenschaft von der Seele (veraltet). Sie beschäftigt sich mit dem Erleben und Verhalten des Menschen (neue Definition). Die Psychologie untersucht, wie Menschen denken, fühlen und handeln.
Die Psychologie steht in enger Verbindung zur Sozialpsychiatrie, aber auch zur Medizin. In ihrer sozialpsychiatrischen Ausrichtung beschäftigt sich die Psychologie mit den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Einflussfaktoren auf psychische Gesundheit. Die Sozialpsychiatrie untersucht, wie die Umwelt (also Lebensbedingungen, soziale Netzwerke, Armut, Diskriminierung oder familiäre Strukturen) psychische Erkrankungen beeinflussen, und entwickelt präventive sowie therapeutische Ansätze. In ihrer biologischen Ausrichtung hat die Psychologie Überschneidungen mit der Medizin (Neuropsychologie, Psychopharmakologie, klinische Psychologie). Hier arbeiten Psychologen mit Psychiatern zusammen. In der Ausbildung zum Diplom-Sozialbetreuer nimmt die Sozialpsychiatrie eine zentrale Rolle ein und zählt neben Pädagogik, Psychologie, Kommunikation, Management und Organisation mit zu den Hauptfächern.
Der Unterschied zwischen Alltagspsychologie und wissenschaftlicher Psychologie
Alltagspsychologie basiert auf persönlichen Meinungen und/oder subjektiven Erfahrungen. In der heutigen Gesellschaft wird Alltagspsychologie häufig missbräuchlich genutzt, um völlig gesunde Menschen zu pathologisieren und sie herabzuwürdigen. Solange es möglich ist, psychische Erkrankungen dazu zu nutzen, um Menschen in der Öffentlichkeit gezielt zu diskriminieren, weist dies darauf hin, dass ihre Stigmatisierung nach wie vor tief verankert ist.
Wissenschaftliche Psychologie arbeitet mit systematischen Methoden, die objektiv, zuverlässig und gültig sind.
Diese 3 Kriterien müssen eingehalten werden, wenn wissenschaftlich gearbeitet wird
Objektivität, Zuverlässigkeit (Reliabilität) und Gültigkeit (Validität)
Methoden der Psychologie
Die Psychologie nutzt verschiedene wissenschaftliche Methoden, um menschliches Erleben und Verhalten systematisch zu untersuchen.
Beobachtungsmethode
- Systematische Erfassung von Verhalten in natürlichen oder kontrollierten Umgebungen.
- Beispiel: Ein Psychologe beobachtet alte Menschen im Wohnheim, um deren Konfliktlösungsstrategien zu analysieren.
Testverfahren
- Standardisierte psychologische Tests zur Messung von Fähigkeiten, Persönlichkeitsmerkmalen oder kognitiven Prozessen.
- Beispiel: Intelligenztests (z. B. der Wechsler-Intelligenztest).
Längsschnitt- und Querschnittstudien
- Längsschnittmethode: Untersuchung derselben Gruppe über einen längeren Zeitraum.
- Querschnittmethode: Vergleich verschiedener Altersgruppen zu einem bestimmten Zeitpunkt.
- Beispiel: Eine Langzeitstudie zur Entwicklung sozialer Kompetenzen bei Kindern.
Befragungsmethode (Interviews/Fragebögen)
• Direkte Erhebung von Meinungen, Erfahrungen oder Einstellungen durch mündliche oder schriftliche Befragung.
• Beispiel: Eine Umfrage untersucht den Zusammenhang zwischen Stress und Arbeitszufriedenheit.
Experimentelle Methode
Beispiel: Eine Studie untersucht, ob Schlafmangel die Konzentrationsfähigkeit beeinflusst.
Korrelationale Forschung
Erforschung von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen.
- Untersuchung von Zusammenhängen zwischen zwei oder mehr Variablen, ohne diese aktiv zu manipulieren.
- Beispiel: Der Zusammenhang zwischen Smartphone-Nutzung und Schlafqualität.
Neuropsychologische Methoden
- Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Gehirnfunktionen und Verhalten durch bildgebende Verfahren oder Experimente.
- Beispiel: Messung der Gehirnaktivität mittels fMRT während einer Gedächtnisaufgabe.
Fallstudien
- Detaillierte Analyse einzelner Personen oder spezifischer Fälle, oft bei seltenen Phänomenen.
- Beispiel: Die Untersuchung eines Patienten mit außergewöhnlichen Gedächtnisfähigkeiten.
Metaanalysen
- Zusammenfassung und statistische Analyse mehrerer Studien zu einem Thema, um übergeordnete Muster und Trends zu identifizieren.
- Beispiel: Eine Metaanalyse zur Wirksamkeit von Verhaltenstherapie bei Angststörungen.
Die Ziele der Psychologie
Die vier Hauptziele der Psychologie sind Beschreiben, Erklären, Vorhersagen und Verändern.
Angewandte Psychologie
Die angewandte Psychologie ist der Bereich der Psychologie, der wissenschaftliche Erkenntnisse direkt in die Praxis umsetzt.
Zur Angewandten Psychologie werden u.a. folgende Fachrichtungen gezählt:
- Klinische Psychologie & Psychotherapie (Behandlung psychischer Störungen)
- Arbeits- und Organisationspsychologie (Optimierung von Arbeitsprozessen)
- Pädagogische Psychologie (Lernprozesse und Erziehung)
- Gesundheitspsychologie (Förderung von Gesundheit und Prävention)
- Forensische Psychologie (Psychologie im Rechtssystem)
- aber auch Werbepsychologie, Propagandapsychologie, Macht- und Autoritätspsychologie, Massenpsychologie
Die Entwicklungspsychologie
Definition
Die Entwicklungspsychologie ist ein Teilgebiet der Psychologie, das sich mit den Veränderungen des Erlebens und Verhaltens über die gesamte Lebensspanne hinweg befasst. Sie untersucht systematisch, wie sich kognitive, emotionale, soziale und motorische Fähigkeiten von der Geburt bis ins hohe Alter entwickeln. Dabei werden sowohl biologische als auch soziale und kulturelle Einflüsse berücksichtigt.
Zentrale Themen der Entwicklungspsychologie sind unter anderem die geistige Entwicklung (z. B. nach Jean Piaget), die Bindungstheorie (z. B. nach John Bowlby), die Identitätsentwicklung (z. B. nach Erik Erikson) und die soziale Entwicklung. Moderne Entwicklungspsychologie betrachtet nicht nur Kindheit und Jugend, sondern auch Entwicklungsprozesse im Erwachsenenalter und im Alter.
Der Anlage-Umwelt- Begriff und der derzeitige Stand in der Forschung
Die zentrale Frage der Entwicklungspsychologie ist, ob Entwicklung hauptsächlich durch genetische Faktoren (Anlage) oder durch Umwelteinflüsse (Erziehung, soziale Erfahrungen) gesteuert wird. Diese Debatte ist als „Nature vs. Nurture“ bekannt.
Moderne Forschungsansätze gehen davon aus, dass genetische Faktoren zwar bestimmte Potenziale und Grenzen festlegen, doch die Umwelt bestimmt maßgeblich, wie und in welchem Ausmaß sich diese Anlagen entfalten.
Beispielsweise zeigen Zwillingsstudien, dass Intelligenz und Persönlichkeitsentwicklung eine starke genetische Komponente hat, aber auch durch Umweltfaktoren wie Bildung und Ernährung beeinflusst wird.
Epigenetik
Umweltfaktoren (z. B. Ernährung, Stress oder Erziehung) beeinflussen die Aktivität von Genen, ohne die DNA-Sequenz selbst zu verändern. Das bedeutet, dass Umwelteinflüsse genetische Anlagen modifizieren können.
Plastizität des Gehirns
Das Gehirn bleibt über die gesamte Lebensspanne hinweg formbar. Erfahrungen und Lernprozesse können neuronale Strukturen verändern und anpassen, was die Bedeutung der Umwelt unterstreicht.
Methoden der Entwicklungspsychologie
• Querschnittmethode
• Längsschmittmethode
Die Querschnittmethode vergleicht unterschiedliche Altersgruppen zu einem bestimmten Zeitpunkt, während die Längsschmittmethode eine Gruppe gleichen Alters über einen längeren Zeitraum hinweg beobachtet.
Weitere Methoden in der Entwicklungspsychologie zur Erhebung von Daten sind Beobachtungen, Experimente, Interviews und standardisierte Tests. Spezielle Verfahren in der Entwicklungspsychologie, um Entwicklungsprozesse zu untersuchen, sind zum Beispiel Zwillings- und Adoptionsstudien. Diese Methoden ermöglichen es, genetische und umweltbedingte Faktoren besser zu unterscheiden.
Worauf legt der Psychotherapeut seinen Fokus?
Ein Psychotherapeut behandelt psychische Störungen und emotionale Probleme mit wissenschaftlich fundierten Methoden. Sein Ziel ist die Beeinflussung bzw. Veränderung von Erleben und Verhalten, um die Lebensqualität des Betroffenen zu verbessern.
Es gibt unter anderem folgende Therapieformen:
- Systemische Therapie: Betrachtung der psychischen Probleme im sozialen Kontext (z. B. Familie).
- Humanistische Therapie: Stärkung des Selbstwertgefühls und der persönlichen Entwicklung.
- Kognitive Verhaltenstherapie (CBT): Veränderung von negativen Denkmustern und Verhalten.
- Tiefenpsychologisch fundierte Therapie & Psychoanalyse: Unbewusste Konflikte und frühkindliche Erfahrungen werden analysiert.
- Traumatherapie: Verarbeitung und Bewältigung belastender oder traumatischer Erlebnisse zur Verbesserung der psychischen Stabilität und der Lebensqualität
Psychiater, Psychologe oder Psychotherapeut: Wer darf Medikamente verschreiben?
Medikamente dürfen in Europa nur Ärzte (z.B. Psychiater) verschreiben. Psychologen und Psychotherapeuten dürfen dies nicht.
Menschliche Abwehrmechanismen
Die Abwehrmechanismen sind psychodynamische Strategien, die nach Sigmund Freud vom Ich eingesetzt werden, um Angst oder innere Konflikte zu bewältigen. Sie laufen meist unbewusst ab und dienen dem Schutz vor unangenehmen Gedanken oder Gefühlen.
Die 8 wichtigsten Abwehrmechanismen sind:
1. Verdrängung
2. Verleugnung
3. Regression
4. emotionale Isolierung
5. irreale Fantasien
6. Rationalisierung
7. Projektion
8. Verschiebung
Eselsbrücke:
3V, 2R und ein Kuchen (PIE): V V V R R P I E
1. Verdrängung: Störende Gedanken werden ins Unbewusste verdrängt. Die Gedanken sind nicht im Bewusstsein vorhanden. Beispiel: Eine Person kann sich nicht mehr an ein traumatisches Erlebnis aus der Kindheit erinnern.
2. Verleugnung: Man nimmt die unangenehme Wirklichkeit zwar wahr, aber weigert sich, sie zur Kenntnis zu nehmen. Beispiele: Die Frage „Können Sie noch allein auf die Toilette gehen“ wird von nur noch teilmobilen, inkontinenten Menschen mit „Ja“ beantwortet.
3. Regression: Zurückfallen in kindliche Verhaltensmuster. Die betroffene Person gibt ihre Verantwortung an andere ab, weil sie sie überwältigt. Beispiel: Ein Bewohner hört mit Aktivitäten auf, zu denen er selbst eigentlich noch imstande ist (zB selbständiges Essen).
4. Emotionale Isolierung: Gefühle, die sich auf ein belastendes Ereignis beziehen, werden verdrängt. Kann eine Traumafolgestörung sein. Beispiel: Eine kranke Person will keine Schwäche zeigen.
5. Irreale Fantasien: Das innere Gleichgewicht wird durch das Kreieren einer eigenen perfekten, aber unrealistischen Welt aufrechterhalten. Beispiel: Die Demenzkranke, die Pflegeassistenten behandelt wie ihre Untergebenen, weil sie in ihrer Vorstellung eine frühere gesellschaftliche oder berufliche Rolle weiterlebt, die in der aktuellen Realität nicht mehr existiert.
6. Rationalisierung: Der Glaube an eine Scheinbegründung. Dient dazu, das eigene Verhalten zu rechtfertigen. Bsp: Eine Person will keine Angst zeigen und begründet das Zittern mit zu wenig Flüssigkeitsaufnahme.
7. Projektion: Übertragung der eigenen Eigenschaften (meist negativer Natur) auf andere Personen. Dadurch fühlt sich der Betroffene besser, weil er zB. kein schlechtes Gewissen haben muss und die eigenen ungeliebten Eigenschaften an einer anderen Person bekämpfen kann. Beispiel: Eine missbrauchte Frau projiziert alle negativen, zerstörerischen Gedanken auf eine andere Person und bekämpft diese Gedanken dann auf dieser Person als Projektionsfläche.
8. Verschiebung: Der Betroffene richtet seine (positiven oder negativen) Gefühle nicht an die Person, die es eigentlich betrifft. Bsp: Eine Person beschimpft seinen Partner, obwohl sich sein Zorn sich an den Chef richtet.
Die Totale Institution
Eine Totale Institution ist eine Einrichtung, die das Leben ihrer Mitglieder umfassend reglementiert und kontrolliert. In solchen Institutionen sind Alltag, soziale Interaktionen und individuelle Entscheidungsfreiheit stark eingeschränkt. Typischerweise gibt es feste Abläufe, klare Hierarchien und standardisierte Regeln, die das Verhalten der Menschen innerhalb der Institution bestimmen. Beispiele für Totale Institutionen sind Gefängnisse, Kasernen, psychiatrische Einrichtungen, Krankenhäuser, Klöster oder Pflegeheime. Der Begriff wurde von dem Soziologen Erving Goffman geprägt, der die Auswirkungen solcher Institutionen auf die Identität und Autonomie der Individuen untersuchte.
„DIE Totale Institution“ schlechthin: Das Gefängnis
Ein klassisches Beispiel für eine Totale Institution ist das Gefängnis. Inhaftierte verlieren nahezu vollständig ihre Selbstbestimmung und müssen sich den rigiden Strukturen des Haftalltags unterordnen. Die Isolation von der Außenwelt, die strikten Regeln und die permanente Überwachung führen oft zu einem Verlust der Eigenverantwortung. Dies kann dazu führen, dass Insassen sich entweder vollkommen an das System anpassen oder mit Widerstand und Rebellion reagieren. Nach längerer Zeit in einer Totalen Institution fällt es vielen schwer, sich außerhalb dieser Struktur wieder zurechtzufinden.
Das Pflegeheim als Totale Institution
Es mag auf den ersten Blick paradox klingen, das Gefängnis mit dem Pflegeheim zu vergleichen. Dennoch weisen beide Institutionen strukturelle Gemeinsamkeiten auf. Sie reglementieren den Alltag der Menschen stark und schränken deren Autonomie erheblich ein. Daher erleben auch viele ältere Menschen in Pflegeheimen die Merkmale einer Totalen Institution. Durch festgelegte Essenszeiten, geregelte Tagesabläufe und organisatorische Zwänge wird ihnen ein großer Teil ihrer Selbstbestimmung genommen. Zudem führt die medizinische und pflegerische Betreuung oft dazu, dass ältere Menschen in eine passive Rolle gedrängt werden. Die Kontrolle über ihr eigenes Leben wird zunehmend eingeschränkt, da Entscheidungen über ihre Pflege, ihre Umgebung und sogar ihre sozialen Kontakte häufig von anderen getroffen werden.
Erlernte Hilflosigkeit, Regression und Ressoucenverlust
Diese strukturellen Bedingungen begünstigen erlernte Hilflosigkeit und Regression. Wenn ältere Menschen immer weniger Gelegenheiten haben, eigenständig Entscheidungen zu treffen oder Verantwortung für ihren Alltag zu übernehmen, gewöhnen sie sich an diese Abhängigkeit. Die Folge kann neben einem Ressourcenverlust auch ein Rückzug in frühere Entwicklungsstufen sein, in denen sie sich wie ein Kind verhalten und Verantwortung abgeben. Dieses Verhalten kann sich in Form von Passivität, emotionaler Abhängigkeit oder sogar Wutausbrüchen äußern. Die Pflegekräfte verstärken diesen Prozess oft ungewollt, indem sie den Betroffenen zu viel abnehmen, anstatt sie zur Eigenständigkeit zu ermutigen.
Ein weiterer Faktor in diesem Prozess ist der Ressourcenverlust. Mit zunehmendem Alter verlieren viele Menschen nicht nur körperliche und kognitive Fähigkeiten, sondern auch soziale, finanzielle und emotionale Ressourcen. Der Umzug in ein Pflegeheim kann den Verlust des gewohnten Umfelds, von Freundschaften und von Alltagsroutinen bedeuten, was das Gefühl der Ohnmacht verstärkt. Je mehr Ressourcen eine Person verliert, desto größer ist die Gefahr, dass sie sich hilflos fühlt und sich passiv zurückzieht. Wenn Pflegekräfte diesen Verlust nicht ausgleichen, sondern die Eigenständigkeit der Betroffenen weiter einschränken, wird der Kreislauf aus erlernter Hilflosigkeit und Regression zusätzlich verstärkt. So entsteht ein Teufelskreis aus wachsender Abhängigkeit, zunehmendem Kontrollverlust und emotionaler Resignation. Um dem entgegenzuwirken, ist es entscheidend, verbliebene Ressourcen zu erkennen und gezielt zu fördern, damit ältere Menschen trotz ihrer Einschränkungen ein Gefühl der Selbstwirksamkeit und Kontrolle über ihr Leben bewahren können.
Im ersten Jahr der Ausbildung zum Fachsozialbetreuer, in der es um die Ausbildung zur Pflegeassistenz geht, wird das Grundwissen der Humanwissenschaften vor allem durch das Fach Anatomie vermittelt, das neben der Pflegetechnik ein zentrales Hauptfach ist. Im zweiten Jahr wird das psychologische und sozialpsychiatrische Wissen vertieft und gefestigt, um eine fundierte Basis für die berufliche Tätigkeit zu gewährleisten.