Unterrichtsfächer: Grundzüge und Prinzipien der Akut- und Langzeitpflege inklusive Pflegetechnik & Bewegungslehre
23.01.2025
Stürze stellen eine der häufigsten und gefährlichsten Risiken für pflegebedürftige Menschen dar. Sie können schwerwiegende Verletzungen wie Knochenbrüche oder Kopfverletzungen verursachen. Ziel der Pflege ist es die Mobilität und Selbstständigkeit von Pflegebedürftigen möglichst lange zu erhalten. Nur durch fundiertes Wissen über sturzprophylaktische Maßnahmen kann die Pflegeassistentenz zu diesem Ziel beitragen.
Auch die Fachsozialbetreuung benötigt ein umfangreiches Wissen über Sturzprophylaxe, da sie eine Schlüsselrolle bei der Betreuung von Menschen einnimmt, die aufgrund von Alter, Krankheit oder Behinderung ein erhöhtes Sturzrisiko haben.
Nicht zuletzt ist dieses Wissen auch für die Diplom-Sozialbetreuung von Bedeutung, denn es ist die Grundlage, um ganzheitliche Betreuungskonzepte zu entwickeln und umzusetzen.
INHALT
1. Definition: Sturz
2. Beinahesturz
3. Mögliche Sturzfolgen
4. Sturzrisikofaktoren
5. Besonders sturzgefährdete Personen
6. Sturzprophylaxe
7. Schutz vor Stürzen und sturzbedingten Verletzungen bieten
8. Sofortmaßnahmen nach einem Sturz
9. Sturzprotokoll
Das muss die Pflegeassistenz über Stürze und Sturzprophylaxe wissen:
➤ Den Begriff Sturz definieren.
➤ Die Bedeutung von Beinahestürzen kennen.
➤ Die möglichen Folgen eines Sturzes verstehen.
➤ Sturzrisikofaktoren identifizieren und einschätzen können.
➤ Besonders sturzgefährdete Personen identifizieren und richtig betreuen.
➤ Statistische Daten zur Sturzrate bei älteren Menschen kennen und interpretieren.
➤ Sturzprävention in Pflegeheimen besonders beachten.
➤ Maßnahmen zur Sturzprophylaxe umsetzen können.
➤ Schutzmaßnahmen gegen Stürze und sturzbedingte Verletzungen anwenden.
➤ Sofortmaßnahmen nach einem Sturz durchführen.
➤ Ein Sturzprotokoll korrekt erfassen.
1. Definition: Sturz
Ein Ereignis, bei dem eine Person ungewollt auf den Boden fällt.
2. Beinahesturz
Beinahestürze liefern wichtige Hinweise auf ein potenzielles Sturzrisiko. Das Risiko nach einem Sturz erneut zu stürzen, liegt bei rund 70%.
3. Mögliche Sturzfolgen
Körperlich: Verletzungen (z.B. Oberschenkelhalsbruch), beeinträchtigte Mobilität, Schonhaltungen, Tod
Sozial: Isolation, Rückzug, Verringerung der Aktivitäten
Psychisch: Sturzangst (Post-Fall-Syndrom), Vermeidungsstrategien
4. Sturzrisikofaktoren
Personenbezogene Risikofaktoren: Angst (z.B. Post-Fall-Syndrom), Schwindel (Blutdruck, Kreislauf), Alter, Bewegungs- und Wahrnehmungsstörungen (z.B. Parkinson)
Medikamentenbezogene Risikofaktoren: Analgetika (Schmerzmittel), Sedativa (Beruhigungsmittel), Hypnotika (Schlafmittel), Drainagen, Katheter, Infusionen
Umgebungsbedingte Risikofaktoren: ungeeignete Schuhe, Kabel, Teppiche, Bremsen an Rollstuhl sind nicht fest, Lichtverhältnisse
5. Besonders sturzgefährdete Personen
• alte Menschen (Alter über 70)
• Menschen mit Bewegungs- oder Wahrnehmungsstörungen (z.B. Parkinson)
• Menschen mit chronischen Schmerzen (z.B. Analgetika)
• psychisch kranke Menschen (z.B. Sedativa, Hypnotika)
• kognitiv oder physisch beeinträchtigte Menschen
• Einnahme von 4 verschiedenen Medikamenten
• reduzierter Allgemeinzustand
• Sehstörungen
• immobil und inaktiv
• Sturzphobie (Post-Fall-Syndrom)
Laut WHO stürzen 35% der über 65-Jährigen einmal im Jahr. Bei Menschen über 70 steigt die Sturzrate auf 42% an. Zudem steigt die Sturzhäufigkeit mit dem Ansteigen des Lebensalters.
Zudem sind Stürze in Pflegeheimen deutlich häufiger als zu Hause. Ungefähr 30-50% der HeimbewohnerInnen stürzen jährlich, davon 40% wiederkehrend. Etwa 75% der Stürze in Pflegeheimen finden in den Bewohnerzimmern und angrenzenden Badezimmern statt. Auf Gängen oder in Gemeinschaftsräumen sind Stürze eher selten. Eine ärztliche Versorgung ist in 5-10% der Fälle nötig. Frauen stürzen häufiger als Männer und haben auch ein höheres Verletzungsrisiko. Das ist darin begründet, dass viele ältere Frauen an postmenopausaler Osteoporose (Risiko erhöht sich ca. ab dem 50. Lebensjahr) leiden.
6. Sturzprophylaxe
• Kontrolle und Beurteilung der Kreislaufsituation
• sich über individuelle Erkrankungen und Einschränkungen informieren
• Stolperfallen beseitigen
• Hilfsmittel berücksichtigen (Brille, Hörgerät, Rollator)
• Drainagen und Zugänge sichern
• geschlossene, rutschfeste Schuhe anziehen lassen
• angemessen informieren und unterstützen
• sichern beim Gehen
7. Schutz vor Stürzen und sturzbedingten Verletzungen bieten
• Information und Beratung
• Räumlichkeiten zeigen und auf Stiegen hinweisen
• Klingel und Lichtschalter in Reichweite gehbehinderter Menschen
• Veränderungen der Umgebung morgens vornehmen (damit die Person genügend Zeit hat, sich auf Veränderungen einzustellen)
• Arzneimittelreaktionen überwachen
• Schlafmittel nicht zu spät verabreichen
• rutschfeste Unterlagen in Duschen und Badewannen
• gut sitzende Hausschuhe
• ausreichende, aber nicht blendende Beleuchtung
• Brille und Hörgerät tragen lassen
• Erhöhung des Toilettensitzes
• bereitstellen eines Stuhls bei der Mobilisation (Rast, optische Verkürzung der Gehstrecke)
• regelmäßige Bewegungsübungen zu mehr Schritt- und Standfestigkeit
• Anleitung bei der Verwendung von Gehhilfen
• regelmäßige Fußpflege
• Passform der Schuhe und Kleidung
• Anpassung der Ernährung (Zusammenhang zwischen Muskelkraft und Ernährungszustand)
8. Sofortmaßnahmen nach einem Sturz
• Schmerzbefragung
• Kontrolle der Vitalparameter
• betroffene Stellen inspizieren
• Patenten ins Bett helfen
• Patientenglocke in Reichweite
• Arzt informieren
• ggf. Verletzungen versorgen
• ggf. Spital zur Abklärung
• mehrmalige Kontrolle des Patienten
• Sturzprotokoll
9. Sturzprotokoll
• Zeitpunkt des Sturzes
• Situationsbeschreibung
• Aktivitäten vor dem Sturz
• Ort des Sturzes
• Zustand vor dem Sturz
• Folgen des Sturzes
• eingeleitete Folgemaßnahmen
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