Kommentarliteratur zum Fach: GrundzĂŒge und Prinzipien der Akut- und Langzeitpflege inklusive Pflegetechnik (GKPF)
05.03.2025
Als Pflegeassistenz gehört das Beobachten des Gesundheitszustandes zu deinen Berufspflichten. In diesem Rahmen kannst du dich auch an klinischen und Assessment-Werkzeugen bedienen. WĂ€hrend diese Instrumente fĂŒr Ărztinnen und den Gehobenen Dienst wichtige Hilfsmittel zur Diagnose und Pflegeplanung darstellen, kannst du sie nutzen, um den Zustand der Bewohnerin/Patientin besser einzuschĂ€tzen, bevor du Informationen an den Gehobenen Dienst weiterleitest. Aber ACHTUNG! Kein Index, keine Checkliste, keine Skala und kein Test, der als Assessment-Instrument genutzt wird, liefert fĂŒr sich allein eine endgĂŒltige Aussage, sondern sie dienen lediglich der ersten EinschĂ€tzung. Eine zuverlĂ€ssige Diagnose kann nur durch einen Arzt gestellt werden.
Der Barthel-Index
Der Barthel-Index ist ein standardisiertes Instrument zur Beurteilung der SelbstÀndigkeit in den AktivitÀten des tÀglichen Lebens. Er hilft dir, den Grad der SelbstÀndigkeit einer Person zu bewerten.
Der Barthel-Index misst die FĂ€higkeit, grundlegende TĂ€tigkeiten des tĂ€glichen Lebens selbstĂ€ndig durchzufĂŒhren, wie Körperpflege, Ankleiden, Essen, Transfer (z. B. vom Bett zum Stuhl), Toilettenbenutzung, Kontinenz, Gehen und Treppensteigen. Er liefert einen numerischen Wert, der die SelbstĂ€ndigkeit der Person widerspiegelt, der maximal erreichbare Score betrĂ€gt 100 Punkte.
FĂŒr jede der zehn bewerteten AktivitĂ€ten wird ein Punktwert vergeben, der die AbhĂ€ngigkeit oder UnabhĂ€ngigkeit der Person bei der DurchfĂŒhrung widerspiegelt. Die Punkteskala reicht von 0 (vollstĂ€ndig abhĂ€ngig) bis zu einem Höchstwert, der vollstĂ€ndige SelbstĂ€ndigkeit anzeigt. Ein hoher Punktestand deutet auf gröĂere SelbstĂ€ndigkeit hin, ein niedriger Wert auf einen höheren Pflegebedarf.
Der Barthel-Index gibt einen wertvollen Ăberblick ĂŒber die SelbstĂ€ndigkeit einer Person in grundlegenden AlltagsaktivitĂ€ten. Ein maximaler Score von 100 Punkten bedeutet jedoch lediglich, dass die Person in der Lage ist, alle im Index aufgefĂŒhrten AktivitĂ€ten durchzufĂŒhren. Dies schlieĂt jedoch nicht automatisch ein, dass die Person auch komplexere Aufgaben wie Einkaufen, HaushaltsfĂŒhrung oder BehördengĂ€nge eigenstĂ€ndig bewĂ€ltigen kann. Diese TĂ€tigkeiten werden vom Barthel-Index nicht erfasst. Daher ist sein Aussagewert in Bezug auf die umfassende LebensfĂŒhrung einer Person begrenzt.
Barthel-Test zum Downloaden und Ausdrucken, St. Elisabeth Gruppe, Katholische Kliniken Rhein-Ruhr
Der Mini Mental Status Test
Der Mini-Mental-Status-Test (MMST) ist ein praktisches Screening-Instrument zur Erkennung kognitiver BeeintrĂ€chtigungen und zur Verlaufskontrolle. In der Regel wird der Test von einem Arzt durchgefĂŒhrt. Als Pflegeassistenz kannst du jedoch einzelne Fragen aus dem Test nutzen, um einen Eindruck davon zu gewinnen, wie es der Patientin aktuell geht und wie ihre kognitiven FĂ€higkeiten an diesem Tag sind.
Beurteilungsblatt inkl. Auswertung zum Ausdrucken, Demenz-Service NĂ
Der MobilitÀtstest nach Tinetti
Der MobilitĂ€tstest nach Tinetti ist Bestandteil des geriatrischen Assessments. In der Regel wird er von Physiotherapeuten durchgefĂŒhrt und dient der Bewertung der MobilitĂ€t Ă€lterer Patienten. Als Pflegeassistenz kannst du den Test jedoch nutzen, um eine erste EinschĂ€tzung des individuellen Sturzrisikos neuer Bewohnerinnen vorzunehmen. Damit gewinnst du mehr Sicherheit im Umgang mit der Patientin bei Pflegesituationen.
Der ursprĂŒngliche Tinetti-Test besteht aus einem Gleichgewichtstest und einer Gehprobe.
- Beim ersten Test wird der Patient oder die Patientin wĂ€hrend des Sitzens dazu aufgefordert, verschiedene Bewegungen auszufĂŒhren (z.B.: „Bitte stehen Sie vom Stuhl auf“, lt. „Balancetest“, Beurteilungsblatt anbei). Die Sicherheit bei der DurchfĂŒhrung wird bewertet. Die maximal erreichbare Punktzahl ergibt 15.
- Beim zweiten Test wird die Sicherheit des Gehens anhand von acht Kriterien beurteilt. Hier sind maximal 13 Punkte erreichbar. Auch der Einsatz von Hilfsmitteln flieĂt in die Bewertung mit ein.
- Insgesamt ergibt sich eine maximale Punktzahl von 28.
Auswertung: Es gibt verschiedene Versionen und Risikobewertungen des Tinetti-Tests. Eine Gesamtpunktzahl von â€18 weist auf ein hohes Sturzrisiko hin, Werte zwischen 19 und 23 deuten auf ein moderates Risiko, und bei einer Punktzahl von â„24 gilt das Risiko als gering.
Beurteilungsblatt zum Ausdrucken, Kompetenzzentrum Geriatrie
Der Timed-up-and-go-Test (TUG-Test)
Der Timed „Up and Go“-Test (TUG-Test) wird idR von Physiotherapeuten und Ărzten zur Beurteilung der MobilitĂ€t eingesetzt. Als Pflegeassistenz kannst du den Test verwenden, um bei neuen Bewohnern eine erste EinschĂ€tzung des Sturzrisikos vorzunehmen.
Die Patientin nimmt dazu auf einem Stuhl mit Armlehnen Platz und wird aufgefordert, selbststĂ€ndig aufzustehen, eine Strecke von drei Metern zu gehen, sich dort umzudrehen und wieder zurĂŒckzukehren, um sich erneut auf den Stuhl zu setzen. WĂ€hrend dieses Vorgangs wird die benötigte Zeit gemessen. Gehhilfen wie Gehstöcke oder Rollatoren dĂŒrfen verwendet werden, allerdings ist UnterstĂŒtzung durch andere Personen nicht gestattet. Es ist ratsam, die Strecke von drei Metern im Voraus exakt abzumessen und deutlich zu markieren, um eine einheitliche DurchfĂŒhrung zu gewĂ€hrleisten.
Auswertung:
< 10 Sekunden – keine MobilitĂ€tseinschrĂ€nkungen
10 bis < 20 Sekunden – leichte, i.d.R. irrelevante MobilitĂ€tseinschrĂ€nkung
20 bis < 30 Sekunden – abklĂ€rungsbedĂŒrftige, relevante MobilitĂ€tseinschrĂ€nkung
â„ 30 Sekunden – starke MobilitĂ€tseinschrĂ€nkung
Der Mini-Nutritional Assessment (MNA)
Das Mini Nutritional Assessment (MNA) ist ein Fragebogen zur Erfassung der ErnĂ€hrungssituation von Ă€lteren Patienten. Es wird vor allem vom gehobenen Dienst in der Geriatrie eingesetzt, um MangelernĂ€hrung frĂŒhzeitig zu erkennen. Im Rahmen deiner beruflichen Pflicht, bei der Pflege Beobachtungen vorzunehmen, kannst du das MNA jedoch nutzen, um dir einen ersten Eindruck vom ErnĂ€hrungszustand einer Bewohnerin zu verschaffen, bevor du relevante Informationen an den gehobenen Dienst weiterleitest.
Es gibt sowohl eine ausfĂŒhrliche als auch eine verkĂŒrzte Version des Tests, wobei die kurze Form als âGold-Standardâ fĂŒr das Screening auf MangelernĂ€hrung bei geriatrischen Patienten gilt.
AusfĂŒhrlicher Test inkl. Auswertung zum Ausdrucken, NestlĂ© Nutrition Institute
Kurzer Test inkl. Auswertung zum Ausdrucken, Nestlé Nutrition Institute
Die Geriatrische Depressionsskala
Die Geriatrische Depressionsskala ist ein Assessment-Instrument, das erste Hinweise auf eine eventuell vorhandene Altersdepression gibt. Er wird in der Regel vom Gehobenen Dienst oder von Ărzten angewendet. Als Pflegeassistenz kannst du jedoch einzelne Fragen nutzen, um dir ein Bild ĂŒber den psychischen Zustand des Bewohners zu verschaffen. Die Fragen eignen sich fĂŒr mild bis moderat kognitiv eingeschrĂ€nkte Personen.
Skala zum Ausdrucken inkl. Auswertung, ZFPS & Forel Klinik & Fachverband Sucht ZĂŒrich
Die Schmerzskala
Mit einer Schmerzskala kannst du bei Bewohnerinnen die IntensitÀt ihrer Schmerzen erfragen. Die Befragung erfolgt entweder anhand numerischer Werte oder mittels eines Smileys. Die Selbstauskunft der Bewohnerin ist immer ernst zu nehmen.
Wenn du keine Schmerzskala zur Hand hast, kannst du den Schmerz der Bewohnerin anhand einer gedachten Skala von 0 bis 10 erfragen. Dabei bedeutet 0 âkein Schmerzâ und 10 âunaushaltbarer Schmerzâ.
Schmerzskalen und Schmerzlineale gibt es bei unterschiedlichen Online-HĂ€ndlern und -Handelsplattformen zu kaufen.
Der Fingertest nach Phillips (Druck-Test)
Der Fingertest nach Phillips wird von Pflegepersonen zur angewendet, um einen erstgradigen Dekubitus von einer Hautrötung anderer Ursache zu unterschieden.
Fingertest: Eine gerötete Stelle wird mit dem Finger komprimiert (eingedrĂŒckt). Ist die Haut noch ausreichend durchblutet und das Gewebe elastisch, entsteht ein weiĂer Fleck, der sich nach Ende der Kompression schnell wieder rötet (Fingertest negativ). Bei Minderdurchblutung ergeben sich keine FarbverĂ€nderungen, ein Dekubitus Kategorie I liegt vor (Fingertest positiv).
Der Pad-Test
Mit dem Pad-Test kann der Grad einer Stressinkontinenz festgestellt werden. Dazu wiegst du die eingelegte Vorlage nach einer bestimmten Trinkmenge (z.B.: in 15 min 500 ml Wasser) und standardisierten BewegungsablÀufen (z.B. 30 Minuten gehen und Treppen steigen) ab und ermittelst den Urinverlust. Bevor du mit dem Test beginnst, muss die Vorlage im trockenen Zustand gewogen werden.
Wie ein solcher Test genau durchgefĂŒhrt und ausgewertet wird, kannst du auf der Website des St. Elisabeth-Krankenhaus Köln-Hohenlind nachlesen.
Die Glasgow-Koma-Skala (GCS)
Mit der Glasgow-Koma-Skala (GCS), lassen sich Bewusstseins- und Hirnfunktionsstörungen nach einem SchĂ€del-Hirn-Trauma abschĂ€tzen. Dabei werden Punkte fĂŒr das Verhalten der Patientin beim Ăffnen der Augen, der verbalen Reaktion und der motorischen Reaktion vergeben, wobei jedes Mal die beste Reaktion gezĂ€hlt wird.
Die Glasgow-Koma-Skala kann bei doccheck.com online durchgefĂŒhrt und ausgewertet werden.
Der FAST-Test
Beim FAST-Test handelt es sich um einen klinischen Schnelltest zur Erkennung eines Schlaganfalls. ĂberprĂŒft werden das Gesicht (FACE), die Arme (ARMS), die Sprache (SPEECH) und die ZEIT (TIME), in der diese Symptome bereits bestehen.
FAST-Test Anleitung, Gesundheitsfonds Steiermark, Organ des steirischen Gesundheitssystems
Die Bewusstseinskontrolle
Zur EinschÀtzung der OrientierungsfÀhigkeit werden Fragen gestellt.
Welcher Monat und Tag ist heute, welches Datum?
Wissen Sie, warum Sie hier sind?
In welcher Stadt sind wir?
Wie alt sind Sie?
Wann und wo sind Sie geboren?
Sind Sie verheiratet?
Welchen Beruf haben Sie?
VorĂŒbergehende oder dauerhafte BeeintrĂ€chtigung in einer oder mehreren OrientierungsqualitĂ€ten (Person, Zeit, Raum/Ort, Situation) werden als Orientierungsstörung bezeichnet. Die schwerste Form der Orientierungsstörung ist die Desorientiertheit, bei der es in allen vier OrientierungsqualitĂ€ten zu Störungen kommt.
Der 4-A-Test
Der 4-A-Test ist ein simpler, kurzer (<2min) Test zur EinschĂ€tzung eines Delirs. Dabei werden 4 Punkte (4 A’s) abgefragt und bewertet.
4-A-Test inkl. Auswertung zum Ausdrucken, the4at.com
Die Atemerfassungs-Skala nach Bienstein
Die Atemerfassungs-Skala nach Bienstein ist ein pflegerisches Instrument zur systematischen Beurteilung der Atmung von PatientInnen. In der Regel wird die Atemerfassung von diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegepersonen (DGKP) durchgefĂŒhrt. Als Pflegeassistenz kannst du die Skala trotzdem verwenden, um AuffĂ€lligkeiten besser einschĂ€tzen und die zustĂ€ndigen PflegefachkrĂ€fte mit konkreten Informationen versorgen zu können.
Die Skala kommt insbesondere in folgenden Situationen zum Einsatz:
- Bei PatientInnen mit bekannten Atemproblemen (z. B. COPD, Asthma, LungenentzĂŒndung)
- Nach einer Operation oder in der postoperativen Ăberwachung
- Bei Verdacht auf eine Verschlechterung der Atmung (z. B. Atemnot, unregelmĂ€Ăige Atmung)
- Zur regelmĂ€Ăigen ĂberprĂŒfung bei beatmeten oder schwer kranken PatientInnen
Beobachte genau: Achte auf Atemfrequenz, Tiefe, GerÀusche, Anstrengung oder begleitende Symptome (z. B. BlÀsse, Zyanose, Unruhe).
Dokumentiere AuffÀlligkeiten in der Pflegedokumentation (z. B. verÀnderte Atemmuster).
Melde VerÀnderungen sofort an die diplomierte Pflegekraft, damit diese eine gezielte EinschÀtzung mit der Atemerfassungs-Skala vornehmen kann.
Atemerfassungs-Skala nach Bienstein
Bild: @pixabay ©Elf-Moondance