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Kompetenz der Pflegeassistenz: Blutabnahme

Unterrichtsfach: Grundzüge und Prinzipien der Akut- und Langzeitpflege inklusive Pflegetechnik (GKPF)


16.09.2025

Das muss die Pflegeassistenz über die Blutabnahme wissen:
➤ den theoretischen Hintergrund zur Venenpunktion
➤ die benötigten Materialien
➤ was eine sorgfältige, strukturierte und hygienische Arbeitsweise ausmacht
➤ rechtliche Grundlagen
➤ kommunizieren mit dem „Patienten*“
➤ eine strukturierte und hygienische venöse Blutentnahme durchführen
➤ Indikationen und Kontraindikationen
➤ die wichtigsten Komplikationen und wie damit umzugehen ist

Das Wichtigste zuerst

Rund 50% des Pflegepersonals und rund 30% des ärztlichen Personals haben schon einmal eine Nadelstichverletzung im Dienst erlitten. Deshalb gilt: Kanülen so schnell wie möglich in den Abwurfbehälter! Kein „Recapping“!

Indikationen

  • Laborwerte und Screening
    z.B. Blutbild, Elektrolyte, Blutzucker, Infektionszeichen
  • Drogenscreening
  • Medikamentenkontrollen

Kontraindikationen

Bei der venösen Blutentnahme gibt es nur relative Kontraindikationen!
Wenn möglich sollte die Punktion nicht…

  • an Plegie- oder Pareseseite
  • in Hämatome
  • in Verbrennungen, Verletzungen oder Hautinfektionen
  • am Shuntarm eines Dialysepatienten
  • nicht an einem Arm, auf dessen Seite bereits eine Lymphadenektomie vorgenommen wurde

Injektionsstellen

Alle oberflächlich liegenden Venen sind grundsätzlich möglich. Die erste Wahl bei der Punktion sind die Venen:

  • in der Ellenbeuge (V. cephalica, V. mediana cubiti und V. basilica)
  • am Unterarm
  • am Handrücken

Sofern sich auch nach sorgfältigem Abtasten keine prall elastische und federnde Vene finden lässt:

  • Arm nach unten hängen lassen
  • massieren und Punktionsgebiet LEICHT abklopfen
  • ggf. warmes Armbad

Alternative Stellen:
Fußrücken, Kniekehle, Leiste, Ferse, Kopf (bei Kleinkindern)

Vorbereitung

1. Materialien

  • Einmalhandschuhe
  • Desinfektionsmittel
  • Stauschlauch
  • Mehrere Kanülen → Nadeln, 21G/Grün oder 20G/Gelb
  • Butterfly-Nadeln
  • Einmalspritzen oder klinikeigenes Blutentnahmesystem mit Adaptern z.B. „Monovetten“ oder „Vacutainer“ → Blutröhrchen müssen beschriftet sein!
  • Tupfer
  • Pflaster
  • Gelber Kanülenabwurfbehälter
  • Blutentnahme-Tablett verwenden und auf Vollständigkeit prüfen!

Mit dem Material im Voraus vertraut machen (Stauschlauch, Blutentnahmesystem)!

2. Hygienische Händedesinfektion

3. Die Kanüle auf eine Einmalspritze setzen
• Kanüle noch in Kappe lassen

Hygienisch arbeiten!

Über das Punktionssystem (Kanüle, Spritze, Monovette, etc.) können Keime in den Körper eindringen. Darum:

  • nur unbeschädigte und steril verpackte Materialien benutzen
  • beim Auspacken aus der Konnektionskappe z.B. von Spritze und Kanüle darauf achten, dass die Konnektionsstellen so wenig wie möglich berührt werden

Ruhig arbeiten und genügend Zeit einplanen!

In das Patientenzimmer gehen

  • Hygienische Händedesinfektion
  • Patient mit Namen begrüßen
  • Sich dem Patienten mit Name und Funktion (z.B. Medizinstudent) vorstellen
  • Einverständnis des Patienten einholen
  • Patient in angenehme Position bringen, Sitz- bzw. Liegemöglichkeit bereitstellen
  • Arbeitsfläche vorbereiten und gegebenenfalls desinfizieren (z.B. Nachttisch des Patienten)
  • Arm des Patienten ausstrecken und Zellstofftuch unterlegen
  • Bequeme Arbeitsposition suchen

Durchführung

1. Stauschlauch anlegen

  • max. 2 min stauen – verfälschte Werte
  • ca. 5–10 cm proximal der Punktionsstelle anlegen, vorsichtig festziehen
  • Haut des Patienten nicht einklemmen

Nur der venöse Abstrom soll unterbrochen werden – der arterielle Zustrom nicht. Deswegen Staudruck → diastolischer Druck!

2. Geeignete Punktionsstelle suchen

3. Haut desinfizieren

  • Hautdesinfektionsmittel aufsprühen
  • mit Tupfer abwischen
  • ein zweites Mal sprühen
  • Einwirkzeit von 30 Sekunden einhalten (höchste Infektionsgefahr für Patienten!)

Auf keinen Fall mehr nachtasten.

4. Handschuhe anziehen
Zeitpunkt egal, Hauptsache vor der Punktion

5. Schutzkappe von Kanüle nehmen
Nadel nicht biegen! Kann zerbrechen, Mikroschäden im Metall verursachen, beim Patienten Fremdkörpergranulome.

6. Haut spannen
= Schmerzreduktion und Vermeidung von Rollvenen

7. Einstechen

  • Spritze am Besten zwischen Daumen und Zeige- oder Mittelfinger führen
  • Der Daumen liegt oben auf der Spritze
  • Schliff der Kanüle so halten, dass die „Öffnung“ nach oben zeigt
  • 20–30° Winkel
  • zügig durch die Haut stechen und Vene punktieren

8. Blut entnehmen
am besten zweihändig: Eine Hand stabilisiert die Spritze, andere Hand zieht Stempel heraus.

9. Stauschlauch lösen
bevor die Kanüle gezogen wird. Immer eine Hand an der Kanüle lassen.

10. Kanüle herausziehen
sofort im Anschluss Tupfer auf die Einstichstelle pressen. ca. 2 Minuten komprimieren (lassen).

11. Kanüle sofort entsorgen
KEIN „Recapping“!

12. Nachsorge

  • Pflaster aufkleben
  • nach Befinden des Patienten erkundigen
  • Bildet sich ein Hämatom – kein weiteres Blut an dieser Stelle entnehmen
  • Nachblutung aus Punktionsstelle – Stelle weiter komprimieren
  • Genügend Blut in den Blutröhrchen – ggf. Entnahme mit neuem Material wiederholen
  • Transport der Blutproben ins Labor sichern
  • Beschriftung korrekt?
  • Gebrauchte Materialien sachgerecht entsorgen
  • Hände desinfizieren

Komplikationen

Schwierigkeiten bei der Injektion

Punktion auf dem Handrücken
Wenn Venen in der Armbeuge nicht auffindbar sind oder erst kürzlich punktiert wurden.

Unsichtbare Venen
Wenn nach der Stauung keine Venen zu sehen sind, kann man die tiefer gelegenen Venen durch Abtasten finden. (prall, federnd und seitlich verschiebbar). Sind leichter staubar als Arterien. Sehnen dagegen sind deutlich härter, unnachgiebiger und verändern sich bei einer Blutstauung der Armbeugung nicht!

Brüchige Venen
Ältere und chronisch kranke Menschen – auch bei korrekter Durchführung kommt es oft zu großen Hämatomen. Der Stauungsdruck sollte bei solchen Patienten* den unteren Blutdruckwert nur ganz knapp (10 mmHg) übersteigen. Nicht klopfen. Unelastische Venen vergrößern sich nicht.

Rollvenen
Venen, die nicht ausreichend im Bindegewebe fixiert sind – mit etwas angespannter Handhaut fixieren. Ggf. Handtuch oder Staukissen geben, welches den Fingern umgriffen wird, so dass der Handrücken sich „aufwölbt“ und die Venen besser zu sehen sind.

Punktion einer Arterie
Helles Blut kommt in pulsierenden Schüben in die Spritze geschossen
evtl. bildet sich direkt ein Hämatom
Sofort die Nadel zurückziehen und die Einstichstelle deutlich länger komprimieren als bei einer Venenpunktion!

Traumatisierung eines Nervs
Sofort Nadel zurückziehen und Patienten beruhigen. Einstichstelle durch Komprimierung und Kühlung versorgen. Schmerzen und Dysästhesie verschwinden meist kurzfristig.

Einstichstelle wird dick
Vene geplatzt oder durchstochen – es bildet sich unmittelbar ein Hämatom im Gewebe.

Spritzenabszess
unhygienisches Arbeiten: bakteriell-entzündliche Komplikation mit Abszessbildung
bei abwehrgeschwächten Menschen

Infektionsgefahr!

  • Hepatitis B-Virus (HBV)
  • Hepatitis C-Virus (HCV)
  • Humanes Immundefizienz Virus (HIV)

Sollte es zu einer Nadelstichverletzung oder zum Kontakt mit infektiösen Körpersekreten eines (fraglich) infizierten Patienten gekommen sein, sollte man sich schnellstmöglich mit dem Betriebsarzt in Verbindung setzen! Dieser kann gegebenenfalls eine Postexpositionsprophylaxe (PEP) verordnen, ein Medikament, das das Risiko einer Infektion – insbesondere mit HIV – deutlich senken kann, wenn es möglichst frühzeitig nach dem Vorfall eingenommen wird. Die Postexpositionsprophylaxe (PEP) ist nur dann wirksam, wenn sie sehr zeitnah nach einer möglichen HIV-Exposition begonnen wird. Optimalerweise sollte sie innerhalb von 2 Stunden nach dem Stich gestartet werden, spätestens jedoch innerhalb von 24 Stunden. Danach nimmt die Schutzwirkung stark ab, und nach etwa 72 Stunden gilt sie als wirkungslos.


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