Kommentarliteratur zum Thema „Hautbeobachtung“ des Fachs „Pflegetechnik“
03.05.2025
Gefäße verfügen über eine muskuläre Wand, die es ihnen ermöglicht, sich zu verengen oder zu erweitern. Das tun sie, um die Durchblutung von Geweben und Organen zu regulieren. Diese Veränderungen der Gefäßweite kannst du an der Hautfarbe ablesen und daraus Schlüsse ziehen.
Vasokonstriktion und Vasodilatation steuern den Blutkreislauf
Die Blutgefäße können sich enger oder weiter stellen – je nachdem, was der Körper gerade braucht.
- Vasokonstriktion ist die Verengung der Gefäße. Sie vermindert den Blutfluss.
- Vasodilatation ist die Erweiterung der Gefäße. Sie erhöht den Blutfluss.
Beide Mechanismen werden vom vegetativen Nervensystem gesteuert.
Wie ein aufgedrehtes Heizkörperventil: Je weiter die Gefäße, desto mehr Wärmeabgabe
Durch die Erweiterung der Blutgefäße (Vasodilatation) wird die Durchblutung gesteigert, wodurch der Körper bei Hitze überschüssige Wärme über die Haut abgeben kann. Gleichzeitig wird dadurch mehr sauerstoff- und nährstoffreiches Blut in beanspruchte oder geschädigte Gewebe geleitet.
Physiologische Gefäßerweiterung…
…um Gewebe mit mehr Nährstoffen und Sauerstoff zu versorgen
Beim Sport zum Beispiel kommt es zu einer Gefäßerweiterung (Vasodilatation) in den arbeitenden Muskeln. Die Muskeln benötigen mehr Sauerstoff und Nährstoffe, weshalb die lokalen Blutgefäße erweitert werden.
…um überschüssige Wärme abzugeben
In der Sauna steht die Wärmeregulierung im Vordergrund. Die Hitze führt zu einer deutlichen Vasodilatation in der Haut, wodurch mehr Blut an die Körperoberfläche gelangt, um Wärme abzugeben. Das erklärt die gerötete Haut beim Saunagang. Zusätzlich sinkt durch die Gefäßerweiterung der Blutdruck vorübergehend leicht. Der Körper reagiert darauf mit einer leicht erhöhten Herzfrequenz.
Pathologische Gefäßerweiterung (Vasodilatation)…
…bei Entzündung
Botenstoffe führen bei einer Entzündung zur Gefäßerweiterung (Vasodilatation), um Immunzellen schneller ins betroffene Gewebe transportieren zu können. Das bei der Hautkontrolle sichtbare Zeichen ist eine Rötung.
Heizungsrohre und Versorgungsgefäße in einem
Physiologische Gefäßverengung…
…um den Blutdruck aufrechtzuerhalten
Werfen wir noch einmal einen Blick auf die Reaktion der Gefäße beim Sport – und betrachten den Ablauf etwas genauer. Wie oben bereits beschreiben kommt es beim Sport zu einer Gefäßerweiterung (Vasodilatation), damit die Muskeln mit mehr Sauerstoff und mehr Nährstoffen versorgt werden können. Gleichzeitig wird jedoch in anderen Regionen, zum Beispiel im Verdauungstrakt, eine Gefäßverengung (Vasokonstriktion) ausgelöst. Dadurch erhält dieser Bereich weniger Blut – das frei werdende Blut wird in die Muskulatur umgeleitet. Auf diese Weise halten die Gefäße den Blutdruck stabil.
Beim Saunagang kommt es nicht wie beim Sport zu einer Gefäßverängung in anderen Körperregionen. Das liegt daran, dass beim Sport der Fokus auf einer leistungsabhängigen Umverteilung des Blutflusses liegt, während beim Saunagang die Thermoregulation im Vordergrund steht. ABER: Wenn man die Sauna verlässt, kommt es zu einer schnellen Abkühlung. Als Reaktion darauf ziehen sich die Gefäße wieder zusammen (Vasokonstriktion), um einen Wärmeverlust über die Haut zu verhindern.
…um Wärme im Inneren des Körpers zu bewahren
Wenn der Körper kalter Umgebung ausgesetzt ist, verengen sich die oberflächlichen Blutgefäße (v. a. in Fingern, Zehen, Nase und Ohren), was den Blutfluss zur Haut reduziert. Ziel dieser Reaktion ist es, Wärme im Körperinneren zu bewahren und den Wärmeverlust über die Körperoberfläche zu minimieren. Die Folge ist eine blasse und kühle Haut – ein typisches Zeichen bei Aufenthalt in Kälte.
Pathologische Gefäßverengung (Vasokonstriktion)
…bei Übelkeit oder Kreislaufreaktionen (z. B. Synkope)
Der Körper reagiert auf vegetative Reize wie Übelkeit oder Schmerz mit einer Vasokonstriktion der Hautgefäße. Dadurch hält der Körper die Durchblutung lebenswichtiger Organe aufrecht. Sichtbar wird dies durch plötzliche Blässe, kalten Schweiß und ein fahles Hautbild.
Erweiterte Gefäße = niedriger Blutdruck, verengte Gefäße = hoher Blutdruck
Das Zusammenspiel von Gefäßweite und Blutdruck beruht auf einem einfachen physikalischen Prinzip: Je enger ein Blutgefäß ist, desto größer ist der Widerstand, den das Blut beim Fließen überwinden muss. Umgekehrt nimmt der Widerstand ab, wenn sich das Gefäß erweitert.
Bei der Vasokonstriktion (Verengung der Gefäße) steigt durch die Kontraktion der glatten Muskulatur in der Gefäßwand der Widerstand. Das Herz muss in dieser Situation gegen einen höheren Druck arbeiten, um das Blut durch den Kreislauf zu pumpen – der Blutdruck steigt. Dieser Mechanismus wird etwa bei Kälteeinwirkung, Stress oder Blutverlust aktiviert, um die zentrale Durchblutung aufrechtzuerhalten.
Bei der Vasodilatation (Erweiterung der Gefäße) sinkt der Widerstand. Das Blut kann leichter fließen, wodurch der Blutdruck sinkt. Dies ist etwa bei Wärme, körperlicher Ruhe oder bestimmten Medikamenten der Fall. Der Körper nutzt die Vasodilatation auch, um überschüssige Wärme über die Haut abzugeben.
Äußerlich sichtbare Zeichen der Gefäßaktivität: Röte und Blässe
Gefäße ziehen sich zusammen = Blässe
Bei der Vasokonstriktion erscheint die Haut blass. Das liegt daran, dass weniger sauerstoffreiches Blut in die oberflächlichen Hautschichten gelangt, wenn sich die Blutgefäße verengen. Besonders gut sichtbar ist das bei Kälte oder Schockzuständen.
Gefäße weiten sich = Rötung
Bei Vasodilatation hingegen wird die Haut gerötet. Die Gefäße erweitern sich, was dazu führt, dass menr Blut – vor allem sauerstoffreiches – durch die Haut zirkuliert. Dies sieht man etwa bei körperlicher Anstrengung, Hitze oder bei Entzündungsreaktionen. Nach dem Essen oder nach leichter emotionaler Erregung (z.B. leichte Form der Scham) erscheint die Haut warm-rosig.
Auch die entzündungsbedingte Rötung ist Folge einer lokalen Gefäßerweiterung
Eine Rötung bei Entzündungen entsteht durch eine lokale Erweiterung der Blutgefäße (Vasodilatation). Diese ist Teil der sogenannten Entzündungsreaktion.
Wenn Gewebe verletzt oder von Krankheitserregern befallen wird, setzen geschädigte Zellen und Immunzellen entzündungsfördernde Botenstoffe frei. Diese bewirken:
- dass sich die kleinen arteriellen Gefäße (Arteriolen) erweitern,
- dass der Blutfluss erhöht wird,
- und dass mehr sauerstoffreiches Blut in die betroffene Region gelangt.
Das führt zu einer sichtbaren Rötung der Haut über dem entzündeten Gewebe (Rubor). Diese gesteigerte Durchblutung dient dazu, Immunzellen und Abwehrstoffe sowie mehr Sauerstoff und Nährstoffe an den Ort des Geschehens zu bringen und gleichzeitig Abbauprodukte und Krankheitserreger abzutransportieren.
Bei einer TVT (tiefen Venenthrombose) erscheint das betroffene Bein gerötet, überwärmt und geschwollen. Das liegt daran, dass der Reizzustand durch die Thrombose oft zu einer lokalen Entzündungsreaktion führt. Diese verursacht die Rötung und Erwärmung.
Blässe bei pAVK
Bei einer pAVK (peripheren arteriellen Verschlusskrankheit) erscheint das Bein blass, weil weniger sauerstoffreiches Blut in die Extremität kommt. Dadurch kann der Fuß kühl, blass und bei fortgeschrittener Durchblutungsstörung sogar bläulich oder marmoriert erscheinen kann.
Blässe bei Angst
Bei Angst wird das Gesicht blass, die Haut fühlt sich kalt an, manchmal fröstelt man oder wird kaltschweißig. Diese sichtbaren Zeichen beruhen auf der Verengung der Gefäße (Vasokonstriktion).
Hinter dieser Reaktion liegt ein biologisches Schutzprogramm: die sogenannte „Fight-or-Flight“-Reaktion. Angst signalisiert dem Körper, dass Gefahr droht – selbst wenn diese Gefahr heute nur gedanklich oder sozial ist. In diesem Moment übernimmt der Sympathikus, ein Teil des vegetativen Nervensystems, die Kontrolle und versetzt den Körper in Alarmbereitschaft.
Ein zentraler Teil dieser Reaktion ist die Vasokonstriktion in peripheren Körperbereichen, besonders in der Haut und den Schleimhäuten. Dadurch gelangt weniger Blut in die Haut und mehr in lebenswichtige Organe – wie Herz, Gehirn und Muskulatur. Diese werden dadurch besser durchblutet und können in einer potenziellen Gefahrensituation schneller reagieren. Zusätzlich sorgt dieser Mechanismus dafür, dass der Blutverlust bei einer möglichen Verletzung geringer ist.
Auch wenn wir heute nicht mehr wie früher bei Angst automatisch kämpfen oder fliehen, läuft dieser Schutzmechanismus unbewusst weiter – ob bei einer Rede vor Publikum, einer Panikattacke oder bei plötzlicher Angst.
Zuerst blass – dann blau
Zunächst erscheint die Haut blass, wenn sich die Blutgefäße verengen und dadurch weniger sauerstoffreiches Blut in die Haut gelangt. Hält dieser Zustand an oder verschlechtert sich die Durchblutung weiter, kann sich die Haut bläulich verfärben. Die Zyanose tritt auf, wenn der Sauerstoffgehalt im Blut so stark sinkt, dass dunkleres, sauerstoffarmes Blut durch die Haut schimmert. Besonders gut erkennbar ist dieser Übergang von Blässe zu Blau an den Lippen, Fingern und um die Nase – vor allem bei schweren Kreislauf- oder Atemstörungen.
Rote Haut ist meist ein Zeichen dafür, dass in dem geröteten Bereich die Durchblutung erhöht ist. Bei blasser Haut ist die Durchblutung vermindert. Beide Reaktionen entstehen durch die Anpassung der Blutgefäße und spiegeln die Regulationsmechanismen des Körpers wider, um Temperatur, Blutdruck oder Entzündungsprozesse zu steuern.
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