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Gelenkarten und ihre Freiheitsgrade: Nur die Kugel kennt keine Grenzen

Kommentarliteratur zum Fach Bewegungslehre

25.11.2024

Nicht einmal unsere Gelenke sind vollkommen frei. Und das macht auch Sinn, denn Bewegung braucht Kontrolle, um effektiv und sicher zu sein. Deshalb hat es die Natur so eingerichtet, dass es unterschiedliche Arten von Gelenken gibt, die ĂĽber unterschiedliche Freiheitsgrade verfĂĽgen. Dabei existieren, wenn man es auf die Grundlagen herunterbricht, nur drei grundlegende Freiheitsgrade mit ihrem jeweiligen Gegenspieler.

Nur echte Gelenke ermöglichen Bewegung

Im menschlichen Körper gibt es echte und unechte Gelenke. Der Unterschied zwischen den beiden Gelenkarten liegt vor allem in ihrer Beweglichkeit. Während echte Gelenke Bewegungen in bis zu drei Freiheitsgraden ermöglichen, sind unechte Gelenke nur sehr eingeschränkt (oder gar nicht) beweglich. Sie dienen primär der Stabilität von Knochenverbindungen. Um die wichtigsten Gelenkmechaniken zu erläutern, fokussiert sich dieser Artikel daher ausschließlich auf die echten Gelenke.

Die 3 Freiheitsgrade unserer Gelenke

Bewegungen in Gelenken lassen sich in drei primäre Freiheitsgrade unterteilen:

• Der erste Freiheitsgrad umfasst Bewegungen in einer Ebene: Flexion und Extension (Sagittalebene).
• Der zweite Freiheitsgrad ermöglicht zusätzlich die Abduktion und Adduktion (Frontalebene).
• Der dritte Freiheitsgrad erweitert diese Bewegungsmöglichkeiten noch einmal um Rotationsbewegungen (Transversalebene).

Diese Bewegungen werden jeweils von unterschiedlichen Arten von Gelenken ermöglicht, deren Struktur die Anzahl der Freiheitsgrade definiert.

Echte Gelenke

Von echten Gelenken spricht man, wenn es sich um Gelenke handelt, die eine hohe Beweglichkeit ermöglichen.

Grundsätzlich unterscheidet man echte Gelenke nach der Anzahl ihrer Freiheitsgrade:

• Einachsige Gelenke (z.B. Scharniergelenke – Sagittalebene)
• Zweiachsige Gelenke (z.B. Eigelenke, Sattelgelenke – Frontalebene, Sagittalebene)
• Dreiachsige Gelenke (z.B. Kugelgelenke – Transversalebene, Frontalebene, Sagittalebene)

Die 5 wichtigsten echten Gelenke

Zu den wichtigsten echten Gelenken zählen:

1. Kugelgelenk
2. Eigelenk
3. Sattelgelenk
4. Scharniergelenk
4. Drehgelenk (Zapfen-/Radgelenk)

DarĂĽber hinaus gibt es noch weitere echte Gelenke, die jedoch eher begrenzte Bewegungen ermöglichen und in erster Linie fĂĽr stabilisierende Gelenkmechanismen von Bedeutung sind. In diesem Artikel werden sie nicht weiter behandelt.

Bild: Die 5 wichtigsten echten Gelenke: wikipedia

Das Kugelgelenk

Um sich ein Kugelgelenk besser vorstellen zu können, kann man sich beispielsweise ein Kamera-Stativ vorstellen. Durch die besondere Form des Kugelgelenks (Gelenkpfanne und Gelenkkopf) ermöglicht es Bewegungen in drei Freiheitsgraden (Sagittalebene, Frontalebene, Transversalebene):

• Flexion/Extension
• Abduktion/Adduktion
• Rotation

Im menschlichen Körper befinden sich die Kugelgelenke an zwei Hauptstellen: Hüfte und Schulter.

Das Scharniergelenk

Scharniergelenke kann man am besten mit einem TĂĽrscharnier vergleichen. So wie auch eine TĂĽr lediglich auf und zugeht, verfĂĽgt auch ein Scharniergelenk nur ĂĽber einen Freiheitsgrad (Sagittalebene):

• Flexion/Extension

Ihr Aufbau verhindert seitliche Bewegungen oder Rotationen.

Standorte von Scharniergelenken im menschlichen Körper sind: Kiefer, Ellenbogen, Finger, Zehen, Knie, Sprunggelenk.

Das Eigelenk

Eigelenke ermöglichen Bewegungen in zwei Freiheitsgraden (Sagittalebene, Frontalebene):

• Flexion/Extension
• Abduktion/Adduktion

Rotation ist in diesen Gelenken nicht möglich.

Standorte von Eigelenken im menschlichen Körper sind: Kopfgelenk (Nicken – Flexion / Extension) und Handgelenk. Durch die Kombination der möglichen Bewegungen sind auch kreisförmige Bewegungen möglich, bei denen es sich jedoch um keine echte Rotation handelt.

Das Sattelgelenk

Sattelgelenke ermöglichen Bewegungen in zwei Freiheitsgraden (Sagittalebene, Frontalebene):

• Flexion/Extension
• Abduktion/Adduktion

Eine geringe Zirkumduktion ist ebenfalls möglich, jedoch keine Rotation. Standorte von Sattelgelenken im menschlichen Körper: Daumen, zwischen Sternum und Clavicula.

Das Drehgelenk

Drehgelenke ermöglichen Drehbewegungen um eine Achse. Sie haben einen Freiheitsgrad (Transversalebene) und sind auf Rotation spezialisiert. Im menschlichen Körper befinden sich solche Gelenke an den folgenden Stellen:

• Unterarm (nahe dem Ellenbogengelenk, zwischen Radius und Ulna)
• zwischen dem ersten Halswirbel (Atlas) und dem zweiten Halswirbel (Axis) („Nein sagen“)
• Kniegelenk hat anteilige Drehgelenk-Funktion

Das Drehgelenk ermöglicht auch die Pronation und Supination des Unterarms.

Von der Präzision des Kugelgelenks bis zur Funktionalität des Scharniergelenks: die Natur zeigt vor, wie sie es schafft, Bewegungsfreiheit und Sicherheit zu vereinen. Jeder Gelenktyp erfüllt eine spezifische Aufgabe und ist perfekt auf die Anforderungen des Körpers abgestimmt. Ob es um kraftvolle Bewegungen, präzise Steuerung oder Stabilität geht – unsere Gelenke sind wahre Meisterwerke der Evolution, die uns alltägliche und außergewöhnliche Bewegungen ermöglichen.


Bild: KI