Vortrag von Claudia Altmann- Pospischek
20.05.2025
Worte haben eine immense Kraft. Sie können Ängste schüren oder Hoffnung schenken, sie können schwächen oder stärken. Das gilt besonders im medizinischen Bereich. Claudia hat in ihrem Vortrag eindrucksvoll gezeigt, wie unterschiedliche Aussagen von ÄrztInnen ihre Lebensqualität beeinflusst haben – und welche Rolle dabei die Sprache spielt.

Wenn ÄrztInnen Wahrsager spielen
ÄrztInnen sind keine Hellseher – und doch geben manche von ihnen Prognosen über die Lebenszeit von PatientInnen ab. So geschehen bei Claudia: Der erste Arzt sagte zu ihr, sie habe nur noch zwei Jahre zu leben. Diese Aussage war ein Schock, der ihr jede Hoffnung nahm. Claudia wurde daraufhin depressiv und wartete die nächsten zwei Jahre nur noch auf ihren Tod. Sie formuliert es so: “Ich habe mir gedacht, nach den zwei Jahren falle ich einfach um und bin tot. Ich notierte mir das Datum in der Zukunft auf einem Kalender und fokussierte mich nur noch darauf.”
Nachdem Claudia nach den zwei Jahren noch immer da – und den Umständen entsprechend guter Gesundheit – war, holte sie sich Rat von einem zweiten Arzt. Der zweite Arzt wählte seine Worte weiser. Er sagte: „Ich weiß nicht, wie lange Sie noch leben werden, aber wir legen die Marschrichtung jetzt erst einmal auf zehn Jahre fest.“ Diese Formulierung veränderte alles. Sie gab Claudia Zuversicht und Mut. Heute lebt sie bereits zwölf Jahre mit metastasierendem Brustkrebs und feiert jedes Jahr an ihrem zwei Jahre zuvor festgelegten Todesdatum nicht den Tod, sondern das Leben. Schon bald steht ihr 13. Lebenstag an.
Wahre Realität ist, wenn man Hoffnung gibt
Viele ÄrztInnen betrachten es als ihre Pflicht, PatientInnen „realistisch“ aufzuklären. Doch was bedeutet Realität wirklich? Ist es realistisch, einem Menschen eine Lebensdauer vorherzusagen, obwohl sich die medizinischen Möglichkeiten stetig weiterentwickeln? Hoffnung ist eine Form der Realität – eine, die das Leben, das einem noch bleibt, lebenswert macht.
Was, wenn man mitbekommt, dass das medizinische Fachpersonal eine negative Prognose abgegeben hat? Was kann ich als Pflegerin tun? Es ist nicht verkehrt, der PatientIn genau dasselbe zu sagen, wie der zweite Arzt es bei Claudia getan hat: Nämlich, dass jedes Jahr neue, wirkungsstarke Medikamente auf den Markt kommen und dass es gute Chancen gibt, das Leben zumindest zu verlängern, wenn vielleicht in einigen Fällen auch nicht zu heilen.
Claudia hat sich nach Ablauf ihrer ersten Prognose an ihre Ausbildung erinnert, in der es um Kommunikation ging. Sie nahm ihre ganze Kraft zusammen, die noch da war, und legte ihren Fokus ab diesem Zeitpunkt nicht mehr auf Prognosen, sondern auf die Realität. Und die Realität war: Sie war noch immer da! Statt sich entmutigen zu lassen, hat das Leben Claudia gelehrt, dass Zuversicht einen echten Einfluss auf ihre Lebensqualität und sogar auf ihre Lebenszeit hat.
Realität, so kraftvoll wie Zauberei: Die Sprache
Sprache ist wie Magie – richtig eingesetzt, kann sie Wunder bewirken. Sie kann Heilungsprozesse unterstützen, das Selbstbewusstsein stärken und innere Widerstandskraft fördern. Nicht ohne Grund sagen sich viele Menschen Mantras oder Affirmationen vor – und das sind nur zwei von vielen weiteren sprachlichen Werkzeugen, die Kraft und Heilung spenden.
Die richtigen Worte zur richtigen Zeit können die Lebensqualität kranker Menschen erheblich verbessern und sogar ihre verbleibende Lebenszeit verlängern. Doch neben der Unterstützung durch andere ist auch das eigene Mindset entscheidend. Ein Mensch, der trotz Krankheit seinen Humor bewahrt und die richtigen Worte für sich selbst findet, kann sein Leben positiv beeinflussen. Claudias Geschichte beweist: Worte vermitteln nicht nur Informationen; sie schenken auch Hoffnung und Kraft und führen zu innerer Stärke.
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Both sides: Das Leben mit metastasierendem Brustkrebs (youtube)
Bild: ©Claudia Felbermayer